10.3.2018 Freude und Frustration liegen manchmal eng zusammen

Zunächst war die Fahrt von Fuimicino nach Civitavecchia reines Segelvergnügen. Anker hoch und los ging es. Bei schönem Sonnenschein und mit 12 Knoten achterlichem Wind ging es mit bis zu 7 Knoten nordwestwärts. Es war natürlich etwas anspruchsvoll, diesen Kurs in einer Schmetterlingskonfiguration sehr genau einzuhalten, da die Gefahr bestand, dass z.B. in einer Welle der Großbaum überschlägt und das gesamte Rigg beschädigt. Diese Gefahr ist allerdings bei der Odd@Sea begrenzt, da der Traveller die Großbaumbewegungen begrenzt, wenn man ihn ganz unter dem Baum positioniert. Der Wind nahm noch etwas zu, sodass teilweise mit mehr als 8 Knoten das Ziel rasch näher kam. Auch viele andere Segler hatten die Gunst der Stunde genutzt und genossen die guten Bedingungen in einer Regatta vor dem riesigen Hafen von Civitavecchia.

Über die Änderungen in der Wasserfärbung hatte ich berichtet. Hier ist nun ein Bild davon.
Im Schmetterling, d.h. die Genua rechts, das Grossegel links, 7 Knoten bei knapp unter 15 Knoten Windgeschwindigkeit, das macht Freude. Später wurden es noch bis zu 8,5 Knoten.
Ein kleiner Teil des Regattafeldes bei rauher See
Vor dem Hafen lagen 8 Grossschiffe vor Anker

Dann ging alles sehr schnell. Der Wind frischte auf mehr als 30 Knoten auf und die bis dahin komfortable Welle wurde chaotischer. Mich erwischte es kurz vor der Hafeneinfahrt, ich hatte gerade das Großsegel fallen lassen und wollte gerade die Genua einrollen. Dabei wickelte sich im oberen Teil eine Segeltasche so ungeschickt um das Rollreff, dass ich diese bei diesem Wind nicht mehr lösen konnte. Ich musste diese also flattern lassen, bis ich eine Windabdeckung im Hafen fand. Das war allerdings erfolglos, da dieser Hafen sich mehrere Kilometer genau in Windrichtung erstreckt. Eine Abdeckung konnte ich nur neben einer riesigen Fähre finden. Bis ich diese erreicht hatte, hatten sich bereits mehrere sichtbare Schäden in der sehr stark um sich schlagenden Genua gebildet, die ich noch nicht genau anschauen und bewerten konnte. Dabei nahm diese natürlich keine Rücksicht auf andere Schiffsteile wie den Radarreflektor, der einfach davon flog und im Hafenwasser verschwand. Neben der Fähre galt es nun, zugleich das Schiff zu kontrolliere, damit es nicht gegen andere Schiffe oder die Pier gedrückt wird und zugleich die Fock wieder auszurollen, die Schlaufe zu entwirren und dann ordentlich wieder aufzurollen. Das dauerte zwar einige Zeit und zwang ich zu einem anstrengenden Multitasking, aber am Ende war diese Arbeit erfolgreich und es kam zu keinen unschönen Momenten. Ein Ankerversuch schlug übrigens fehl, da der Grund völlig verschlammt ist. Das hätte mir einigen Stress erspart. Damit war das Problem allerdings noch nicht vollständig gelöst. Am Ende des Hafens ist eine Marina, in der ich eigentlich die Nacht verbringen wollte. Da es auch hier stark stürmte, rief ich über Funk an und bat um einem Liegeplatz. Wegen Sprachschwierigkeiten wurde ich auf einen anderen Kanal verwiesen um dort darüber informiert zu werden, dass es keinen freien Liegeplatz für ein Schiff dieser Größe mehr gäbe. Ich sollte doch in die große Marina in etwa 3 km Entfernung, die ich bereits auf meiner Rückenwindfahrt passiert hatte, zurückfahren. Dort gäbe es auch Serviceeinrichtungen, die mir beim Reparieren des Schadens helfen könnten. Ich hatte zuvor versucht, meinen Schaden als Notfall zu „verkaufen“. So musste ich also die komplette Hafenlänge von mindestens zwei Kilometern mit Rückenwind zurückfahren, um diese dann verlängert um die 3 km gegen den brüllenden Wind bei einer inzwischen chaotischen, hohen Welle, die einem die Organe durchschüttelt zu meinem heutigen Liegeplatz fahren. Dort angekommen musste ich zu meinem zusätzlichen Ärger feststellen, dass ich natürlich nach meinem Ankerversuch im Industriehafen vergessen hatte, das vordere Decksfenster, welches direkt über meinem Bett liegt und durch das die Fernbedienung der Ankerwinde erfolgt, wieder zu schliessen. Mit etwas Fantasie kann man sich vorstellen was passiert, wenn man mehrfach mit dem Bug unter eine Welle gerät, wobei das vordere Deck vollständig überspült wird. Ich muss jedenfalls heute in der hinteren Koje schlafen und viel Wäsche trocknen.

Da morgen, einem Sonntag, nach dem Wetterbericht und auch wegen der Arbeitspause eines hier verfügbaren Segelmachers kein Tag zum Fahren sein wird, werde ich wohl mindestens zwei Tage in dieser sehr teuren Marina blieben müssen. Jetzt muss ich erst einmal meine Frustration über alle diese Unbillen in meinem Seglerleben mit einem oder zwei oder drei … Glas rotem Landwein behandeln und werde erst wieder nach der Genesung mich wieder melden.

2 Gedanken zu „10.3.2018 Freude und Frustration liegen manchmal eng zusammen“

    1. Die von den Holländern aufgerichtet Costa Concordia wurde im Juli 2014 nach Genua geschleppt und dort auseinander geschweißt und zerlegt, bzw. abgewrackt würde ! Ich war kurz vorher noch vor Ort und habe die bergung beobachten können mit den kiesigen Wasser/Lufttanks beobachten können.
      Jürgen wird sicher davon berichten. Seglergrüße von Jörg

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