14.2.2018 Mehr als 5 Stunden für 37 km

Dieser Tag fing mit einem Fußweg zum Besuch der Einfahrt des Hafens von Badolato an, denn ich befürchtete das Schlimmste. Der Zugang könnte inzwischen so stark versandet sein, dass ich nicht mehr aus dem Hafen kommen würde. Nach einem kurzen Weg über die Sandberge wurde ich im negativen Sinne fündig: Der befahrbare Kanal war an der engsten Stelle auf ein Gerinnsel zusammengeschmolzen, welches man mit einem beherzten Sprung locker hätte überspringen können. Die Tiefe an dieser Stelle war geschätzt bei etwa 30 cm. Ein Rinnsal eben.

Meine Vorsprache beim Hafenmeister erbrachte die Information, dass man noch vor der Siesta den Kanal wieder für die Durchfahrt frei gebaggert habe würde. Angesichts der Sandberge erschien mir diese Aussage etwas fraglich. Ich wurde jetzt jedoch positiv überrascht, denn nach der Befüllung des Baggers mit Treibstoff wurde tatsächlich mit einem offensichtlich aus der Erfahrung mit dieser Situation geborenen Routine das Werk begonnen. Ich konnte wirklich ein handwerkliches Kunstwerk bestaunen, denn der Führer des Baggers verstand es, den Bagger quasi tanzen zu lassen und baggerte im kritischen Bereich eine ausreichende Breite und Tiefe in einer einzigen Stunde. Hochachtung für das Können dieses Spezialisten. Als er seinen Bagger abstellte, war für mich der Zeitpunkt gekommen so schnell wie möglich den Hafen zu verlassen. Das ging in Schleichfahrt und in der nun vorliegenden Kenntnis der Schlangenlinien, die man präzise fahren musste, ohne Komplikationen. Rückblickend musste ich noch einmal schlucken, denn das Erlebte war nicht ganz ungefährlich in Anbetracht der Brandung, die quer zur Einfahrt stand. Egal, ich war das Problem los und hatte wieder ausreichend Wasser unter dem Schwert.

Ein letzter Blick zurück in die Einfahrt aus der ich gerade unbeschadet herausgekommen bin

Dass mit diesem Erfolg jedoch ein weiteres Problem entstand, war mir zunächst nicht bewusst. Ich hatte nur 37 km Strecke zur Marina von Roccella vor mir. Das sollte doch in den verbleibenden 5 Stunden Helligkeit zu schaffen sein. Mit zunehmender Entfernung vom Ausgangspunkt nahmen die Böigkeit und auch immer mehr die Basiswindgeschwindigkeit zu. Bei den dann für lange Zeit vorherrschenden 25 Knoten auf der Nase waren noch 3,5 Knoten zu schaffen bei einem Schiff, welches unter Idealbedingungen 6,5 Knoten läuft. Die Fahrzeit verdoppelte sich fast. Es kam hinzu, dass dieser Wind auch eine hohe Welle aufbaute, die ebenfalls von vorne kam. Aus meinen Erfahrungen auf der Ostsee mit 4,5 Metern Wellenhöhe kann ich sagen, dass die der Ostsee unterstellte kurze Hackwelle im Vergleich gar nicht so kurz ist. Hier lag etwa die Länge meines Bootes vor, was zu unglaublichen Schiffbewegungen führte. Mal fehlt einem schlicht das Wasser unter dem Vorschiff und man fällt gefühlt wie ein Pfeil in die Tiefe und sieht den Bug kurz im Wasser verschwinden oder man sieht nach vorne nur noch den Himmel (oder hier die Regenwolken), um anschließend wieder gefühlt wie ….. (ich wiederhole mich). Wehe, wenn man quer zur Welle gerät, denn wird es sehr schwer, sich überhaupt noch festzuhalten. Ein Querschlagen wäre fatal. Dem Autopilot konnte ich das Steuern aus diesem Grund nicht mehr überlassen. Wenn der Regen nicht gewesen wäre und die damit und dem Windchill geschuldete Kälte, dann wäre es nur ein besonderes Abenteuer gewesen. So war es einfach sehr anstrengend und ich war froh, dass ich noch kurz vor Sonnenuntergang die Hafeneinfahrt des „Porto delle Granzie“ passieren konnte. Nun liegt die Odd@Sea in einer sehr großen und sehr gut ausgestatteten Marina, die auch noch sehr gute Liegebedingungen hinsichtlich des Windes und des Schwells aufweist, aber auch ihren Preis hat. Was sagt mir diese eigentlich nicht geplante Erfahrung? Das mit der versandeten Marina war so skurril, dass ich diese Erfahrung wirklich nicht missen wollte. Der zweite Teil wäre entbehrlich gewesen, wenn ich noch einen weiteren Tag im Sand zugebracht hätte mit dem Wissen, dass das mit der Kanalisierung so schnell geht. Egal, das Anknüppeln gegen bis zu maximal 30 Knoten Wind und entsprechender Welle für einige Stunden ist zwar unangenehm, es schafft aber auch ein immer größer werdendes Vertrauen in das Schiff und in die eigenen nautischen Fähigkeiten. An eine Weiterfahrt morgen ist nach Stand der Dinge jedoch nicht zu denken, denn es stehen wieder Starkwinde aus der Zielrichtung, Reggio di Calabria, an. Die Entfernung ist aber mit 115 km ungleich länger als heute. Es gibt auch keine Häfen auf der Strecke mehr, denn der einzige existierende Hafen ist noch versandeter als der von Bodolato und dessen Einfahrt wurde deshalb völlig zugeschüttet. So kann man nur abwarten und hoffen, dass sich die Wetterbedingungen verbessern.

Ich glaube, dass ich meinen bescheidenen Wunsch, irgendwann einmal segelbare Tage für die geplanten Strecken vorzufinden, schon einige Male erwähnt habe. Bisher war mir dieses nur zweimal seit meinem Verlassen des Hafens in Schwanenwerder vergönnt. Das ist doch nicht gerecht, oder?

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