14.9.2019 Nach einer Nacht in Vlieland geht es weiter zu einem Treffen mit Freunden in Harlingen

Meine Zeit in Lauwersoog endete mit dem Tag, an welchem der Wind aus Nordost drehte. Bis dahin hatte ich drei Tage zum abwettern auf dieser Insel verbracht, die ich mit dem Fahrrad fast vollständig besichtigte. Bei einem Kaffee auf der Terrasse des kleinen Flugplatzes kamen die Erinnerungen an meine Zeit als Fliegersmann. Es war eine sehr schöne Zeit in meinem Leben, die ich nicht missen möchte. Die Erläuterungen in den Schautafeln des Weltkulturerbes Wattenmeer machte mir noch einmal die Empfindlichkeit der Natur deutlich, welche die Menschheit zurzeit zu Schanden reitet.

Hätte ich geahnt, dass neben dem Haven von Lauwersoog eine Schleuse in den dahinter liegenden See führt und sich dort, sozusagen auf der anderen Seite des Deichs, eine exzellente große Marina mit sehr guter Ausstattung, sogar mit Menschen, und sogar ein Supermarkt befindet, wäre ich dort eingekehrt, hätte die lange Einkaufsfahrt mit dem Fahrrad vermieden und vielleicht auch nette Menschen kennengelernt. Auf meiner Seite war es eher dröge.
Hinten im Bild kann man einen Teil der großen Fischtrawlerflotte von Lauwersoog sehen. Dieser Teil des Hafens ist nach hinten noch sehr lang.
Hier sieht man die Odd@Sea an ihrem Liegeplatz. Am Abend vor meiner Abfahrt trudelten dann doch noch einige andere Segler ein. Davor stand ich ganz allein an diesem Steg.

Nach reichlichen Überlegungen und Absprachen mit Freunden entschied ich mich nicht für die Fahrt durch das Wattenmeer nach Vlieland. Das hatte folgenden Grund: Auf dieser deutlich kürzeren Strecke gibt es zwar vollständig betonnte Fahrwege, jedoch auch längere Abschnitte, die tidenabhängig durchaus trockenfallen können. Das wäre an sich kein existenzielles Problem, jedoch bedeutet dieses eine sehr langweilige und bis zu mehreren Stunden andauernde Zeit des Abwartens inmitten eines Meers von Weite. Da hilft dann auch mein variabler Tiefgang nichts. Aber es wäre rein rechnerisch knapp möglich, in diesen Passagen das Boot flach zu machen und ohne Überraschungen sehr zügig die Strecke zu meistern. Aber wer kennt schon die Strömungen in diesem Gebiet genau? Im Nachhinein ist es schade, dass ich mich nicht dazu durchringen konnte.

Ich fuhr also weit raus auf das Meer, wo es keine Tiefenbegrenzungen gibt und traf eine Nordsee an, welche fast die gleichen Merkmale aufwies, wie bei der Fahrt nach Norderney. Ich weiß nicht, ob ein rasches Abkotzen besser gewesen wäre. Ich hielt mich jedoch wacker und litt dafür auf fast der ganzen Strecke von etwa 100 km unter Übelkeit. Der schwache Wind, dieses Mal aus der richtigen Richtung, konnte aber lediglich die Motorfahrt zu weit unterstützen, dass ich vor der vollständigen Dunkelheit in Vlieland eintraf. Die Strömung war, bis auf die allerletzten 20 km absolut gegen wich und hätten mich segelnd nur mit etwa 1,5 bis 3 Knoten vorankommen lassen.

Allerdings nahte mit dem Zielort auch hier im Wattenmeer eine Erfahrung, die mir fast das Blut hat in den Adern gefrieren lassen: Bei auflaufender Flut „raste“ ich geradezu mit etwa 7 Knoten in den betonnten Fahrweg zwischen den Inseln hinein und ließ mein Tiefenmesser dabei nicht aus den Augen. In der Ferne sah ich auf meinem Kurs weißes turbulentes Wasser. Die Karte interpretierte ich so, dass es keine Untiefen voraus geben sollte, nur eine vertiefte Rinne. So interpretierte ich jedenfalls die Karte. Als ich mich näherte sank schnell die Tiefe von anfänglich 4 Metern bis auf 0,4. Mit vollem Schub rückwärts konnte ich ein Aufsetzen des Schwerts und des Ruderblattes gerade noch verhindern und beide Elemente rasch nach oben holen. Um mich herum tobte das Meer strömungsbedingt wie in einem kochenden Kessel, im ansonsten eher ruhigen Wattenmeer. Mit gerade ausreichendem Bodenabstand konnte ich das nur etwa 10 bis 15 m breite Flach durchfahren und so eine große Abkürzung meines Weges nutzen, wenn auch mit einigem Schrecken in den Knochen. Bis zum Hafen hatte ich jedenfalls kein Gefühl der Übelkeit mehr. Mein Fehler war offensichtlich, dass ich den Karteneintrag an dieser Stelle als Rinne und nicht als Barre interpretiert hatte. Das passiert dann, wenn zwar Tiefenlinien in der Karte eingetragen sind, jedoch keine Tiefenangaben gemacht werden. Ich habe mir also in die Tasche gelogen und habe daraus meine Lektion gelernt.

Die Nacht in diesem mir gut bekannten Hafen, ich hatte hier die Aufhängung meines Autopiloten bei meinem letzten Besuch repariert und verweilte dazu einige Tage dort, war total ruhig und der Wetterbericht lässt eine angenehmere Fahrt für Morgen in Richtung Harlingen vermuten.

Ich mache diesen Abstecher nach Harlingen, weil ich dort zwei nette Menschen treffen möchte, die mir bei meiner Havarie auf dem Rhein geholfen hatten. Sie kommen übermorgen hier an und besuchen ihr Schiff, welches hier gegenwärtig stationiert ist. Die Gelegenheit für einen schönen gemeinsamen Abend ist also gegeben.

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