15.3.2018 Wieder einmal ein Tag, an dem nur das bruchfreie Überstehen das Ziel ist

Die Überfahrt von Riva di Traiano nach Giglio begann nach etwa 10 Minuten mit einem lauten Schlag. Ich war gerade am Navigationstisch und bemerkte sofort dass das Schiff eine enge Kurve fährt. Ich schaltete sofort den Autopiloten auf Standby und nahm manuell den Kurs wieder auf. Das Wiedereinschalten zeigte, dass dieser zwar elektronisch funktionierte, jedoch die mechanische Verbindung zum Ruder nicht mehr existierte. Das Geräusch sagte mir, dass wohl die Steuerstange zum Ruderhebel oder deren Anschluss gebrochen sein musste. Das bedeutete für mich, dass ich die nächsten Stunden manuell fahren mußte. Keine schöne Aussicht, denn es war Segelwetter zu erwarten. Egal, wat mut dat mut, wie der Ostfriese zu sagen pflegt.

Herrlicher Sonnenschein und strahlend blauer Himmel hebten etwas die gedämpfte Stimmung. Der Wind, der zunächst unter Vollzeug gerade zur leichten Erhöhung der Motorfahrt diente, nahm nach einer Stunde leicht zu, um auch ohne Spriteinsatz leidlich voran zu kommen. Das hielt so für etwa zwei Stunden und dann flaute er wieder ab. Als (nur sehr begrenzte) Hilfe bei den Segelmanövern setzte ich eine Leine ein, die zumindest kurzfristig den dauerhaft nötigen Trimmausschlag übernehmen konnte. Das Runtertakeln geschah dann kurz vor der Hafeneinfahrt von Giglio, wo der riesige Schwimmkran noch steht, der die Bergung des hier havarierten Passagierschiffs unterstützte. Hier war es windstill und die Wellen waren sehr unbedeutend. Ich wurde in diesem Fähr- und Fischereihafen von einem sehr freundlichen Hafenmeister empfangen, der mir, nachdem ich die Fähre habe auslaufen lassen, einen Liegeplatz an einer Betonpier zugewiesen hat und meine Leinen übernahm. Wie vorbildlich! Als er nach der Anmeldung in seinem Büro kein Wort über etwaige Hafengebühren verlor, war die Freude wieder komplett. Die Klärung des Schadens an der Steuerung ergab, dass der Stehbolzen am Ruderhebel, der das Kugelgelenk am Ende des Hydraulikzylinders aufnimmt, schlicht gebrochen war. Ich fand alle Einzelteile im Rumpfheck. Auf Elba werde ich wohl eine Reparatur mit der Unterstützung von kompetenten Leuten, Jörg hat bereits seine Beziehungen spielen lassen (ich danke Dir einmal mehr, lieber Jörg), machen können.

Nun steht erst einmal ein ganz anderes Problem an. Pünktlich um 7 Uhr am heutigen Morgen setzte hier ein sehr starker Wind aus Südost ein, der dann im Laufe des Tages zunehmen, in etwa einer Stunde sein Maximum mit 36 Knoten erreichen und noch bis Mitternacht sehr stark sein wird. Es ist bereits jetzt sehr schwierig, in dem an der Pier tanzendem Schiff diese Zeilen zu schreiben und das nicht wegen der lästigen Bildschirmtastatur. Ich hatte zuvor die Leinen verdoppelt und ein Fenderbrett zum Schutz vor den in der Mauer befindlichen Stahlringen ausgebracht. Wir haben jetzt aber erst 25 Knoten und ich hoffe ernsthaft, dass wie, das Schiff und ich, diese Nacht ohne Schaden überstehen werden. Ich habe zu unserer Sicherung alles unternommen, was ich kann. Jetzt benötigen wir ein wenig Glück. An Schlaf wird jedenfalls heute nicht zu denken sein. So, gerade höre ich den typischen Knall, wenn eine Leine bricht. Ich muß gerade mal raus und noch mehr Leinen legen, verdoppeln und verdreifachen.

Na dann, gute Nacht.

Ein Gedanke zu „15.3.2018 Wieder einmal ein Tag, an dem nur das bruchfreie Überstehen das Ziel ist“

  1. Lieber Juergen,

    wir wunschen Dir Mut und Rueckenwind in Deine Abenteuer und druecken Daumen.

    Wir werden in Berlin 4 Tage am Ende April und im Sommer – 2 Monaten – Juni-Juli. Wir mit Andreas bekamen die Unterstuetzung von DFG.

    Wir hoffen, dass wir teffen uns.

    Herzlich Gruess aus Moskau!

    Dmitri und Julia

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