22.1.2020 Ich lebe noch!

Meine letzte Meldung über diesen Kanal stammt vom 3.1.2020. Seitdem sind fast 3 Wochen vergangen. In dieser Zeit ist sehr wenig geschehen, die Langeweile hat die Regie geführt. Der Hafen ist nach wie vor fast menschenleer, es wird an wenigen Schiffen ein wenig gewerkelt. In dieser Zeit gab es mit ganz wenigen Ausnahmen dauerhaft starken und stürmischen Wind bis hin zu orkanartigen Stürmen und es ist seit der letzten Woche auch richtig kalt geworden. Wenn der Wind auf das Heck weht, habe ich wirklich Schwierigkeiten, eine aushaltbare Temperatur an Bord zu halten, denn der Niedergang mit dem Schott ist keineswegs winddicht. In der Nacht gab es auch schon Frost. Wie füllt ein Skipper unter diesen Bedingungen den Tag aus?

Am Anfang steht der schwierigste Teil des Tages: Aus der Koje kommen und aufstehen. Da mich nichts antreibt, geschieht das kaum vor halb 11, auch schon mal nach 12 Uhr. Dann hilft die hier fast immer scheinende Sonne ein wenig beim Aufheizen des Schiffs. Ritualmäßig wird gut gefrühstückt, bevor dann die Entscheidung des Tages fällt. Welcher Gang steht heute an. Etwa alle drei Tage geht es mit dem Fahrrad zum Supermarkt, sehr viel seltener zum Wäschewaschen in die Automatenwäscherei, manchmal zu einem der hafennahen nautischen Fachgeschäfte oder zumindest zur Capitanerie, wie die Hafenmeisterei hier genannt wird. Hier hole ich meine von der Post gelieferten Ersatzteile ab, halte dabei aber stets bei einem Schwätzchen die Damen dort von ihrer Arbeit ab und bezahle aber auch von Zeit zu Zeit brav meine Liegegebühren.

Es ist in einer mittelgroßen Stadt wie Les Sables D´Olonne einigermaßen schwierig, Spezialteile jeder Art zu bekommen. Beispielsweise habe ich, um die Leistung meiner WLAN-Antenne zu verbessern, einen entsprechenden USB-Stick sowie ein 10m langes USB-Kabel beschafft, um den Stick mit der Flaggenleine hoch in den Mast zu ziehen. Dort ist die Reichweite erheblich größer als auf der Höhe des Decks. Meine Recherchen führten zu der auch in Deutschland immer stärker zu bemerkenden Erkenntnis, dass es in Sachen Gebrauchstechnik nur noch riesige Supermärkte gibt, deren Sortiment zwar alle möglichen Waren, diese aber nur in den stark nachgefragten Bereichen umfassen. Den Verkäufern war es immer sichtlich peinlich, mich an andere, kleinere Geschäfte oder das Internet verweisen zu müssen. Nun scheint es aber kaum wirklich spezialisierte Geschäfte mehr zu geben, denn es lohnt sich für diese nur ein großes Sortiment, für das die Kundschaft dann fehlt. Viele haben deshalb, wie man mir bestätigte, dicht gemacht. In meinem Fall musste ich Teile bei den mir bekannten Internet-Läden in Deutschland  beschaffen. Z.B. Conrad, Reichelt, AWN und Toplicht. Außerdem musste ich lernen, dass ich hier in Frankreich zwar alles im Internet bestellen, aber nicht mit meiner deutschen Kreditkarte bezahlen kann. Man lernt also nie aus, wenn sich die Welt ständig verändert.

Wie ist der Sachstand am Schiff? Bis auf die Unterwasserschiffs- und Inneneinrichtungsarbeiten habe ich alle Punkte meiner Liste erfüllt. Zum Slippen warte ich schlicht auf etwas wärmeres Wetter, was für die Gegend hier eine durchaus realistische Erwartung ist. Da die Handwerker von Alubat erst wieder nach der Boot 2020 in Düsseldorf, die am 28.1.2020 endet, wieder zur Verfügung stehen, wird der zweite Punkt erst zum Monatswechsel bearbeitet werden können. Dazu kann das Schiff auch wieder im Wasser liegen.

Die Liste der durchgeführten Kleinarbeiten ist mittlerweile recht lang, aber nicht wirklich interessant. Defekte Lampen, Türöffner, Schalter und Bodenbrettöffner austauschen bzw. ein neues Schloss einbauen, ist ja nicht sonderlich kompliziert. Außerdem wurde das Liferaft beim Hersteller überholt und neu bestückt. Über die Reparatur der Wasserpumpe habe ich bereits berichtet. Dazu möchte ich noch anmerken, dass seitdem die Bilge in allen Kammern „pfurztrocken“ ist. Die zuletzt noch festgestellte geringe Süßwassermenge hat nun auch eine nachvollziehbare Herkunft: Ich fülle meine Wassertanks immer bis zum Rand voll und da die ringförmige Flansche für die beiden Zugangsdeckel nicht wasserdicht auf der Tankoberfläche aufliegen, läuft dort stets eine geringe Menge Wasser wegen der leichten Bootsneigung in die steuerbordbordseitige Bilge und nimmt dann, bei höherem Pegelstand ihren Weg in die anderen Bilgen. Dieses Problem hängt damit zusammen, dass es keine Wasserstandsanzeige gibt, ich deshalb beim Befüllen die Tankdeckel abnehmen und direkt durch die Öffnungen den Wasserstand beobachten muss. Kurz vor dem Überlaufen renne ich dann nach oben zum Wasserhahn. Ich sprinte also nach oben, springe von Bord, renne zum Zapfhahn und stelle den Wasserfluss ab. Je nach Liegeplatz und Wetterlage dauert dieser Prozess länger oder kürzer. Im Ergebnis ist also der Füllstand oder die Überfüllung unterschiedlich. Ich werde die Flansche gelegentlich ausbauen und mit Dichtmittel wieder einsetzen, um ein Öffnen des Tankdeckels in Zukunft überflüssig zu machen und gleichzeitig ein Überlaufen des Wassers zu vermeiden. Das überlaufende Wasser würde dann durch das Steigrohr bis zur Einfüllöffnung und von dort über das Deck in die See fließen.

Ausgesprochen ärgerlich ist die extrem unzuverlässige WLAN-Anbindung hier vor Ort. Meine o.g. Maßnahme ist sozusagen der daraus resultierenden Frustration geschuldet. Diese stellt sozusagen die ultimative Lösung dar, denn eine eventuell noch effizientere und deutlich teurere Richtantenne hätte auch bei den hier geringen Schiffsbewegungen keine Wirkung. Der Anlagenbetreiber arbeitet im Tagesgang im nicht definiertem Wechsel auf beiden Bändern (2,5 und 5 Ghz). Es sieht so aus, als wenn er dabei beliebig seine Gerätschaften einfach einmal so für ein paar Sekunden ab- oder umschaltet. Es könnte aber auch ein simpler  Wackelkontakt in seiner Antennenleitung mit der gleichen Wirkung vorliegen. Die deutliche Verbesserung der Feldstärke bei meiner Lösung hat deshalb auch leider keine Verbesserung der Datenrate geliefert. Ich glaube, dass ich für die Internetnutzung mit Abstand die meiste Zeit an Bord einsetze. Das war zunächst technisch gesehen interessant, ist nun aber auch äußerst langweilig geworden.

Was geht noch bei Langeweile? Ich bin jetzt beim Tetris im 21. Level bei fast 39000 Punkten! Alles klar?

Ein Gedanke zu „22.1.2020 Ich lebe noch!“

  1. Hallo Jürgen,
    Schön mal wieder was von dir zu lesen.
    Wie wär’s mit ausgedehnten Wanderungen am Strand entlang? Der ist doch in lesSables d’Olonne doch ganz beachtlich.
    Wir hoffen, du musst nicht frieren.
    Die Wohnungssuche ist leider noch nicht abgeschlossen, aber am Sonntag geht’s erstmal für 3 Wochen nach Sylt,
    Unsere frei, in der wir sind ist dann anderweitig vermietet!
    Alles Gute!
    Konni und Jutta

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