23.11.2019 Abwarten und Tee trinken in Brest – es ist aber erträglich

Es gibt nicht viel zu berichten aus Brest. Ich werde die Vermutung nicht mehr los, dass ich in diesem Jahr nicht mehr über die Biskaya kommen werde. Für den Fall werde ich versuchen, so nah wie möglich nach Nantes zu kommen, um von dort aus mit einen Direktflug nach Hamburg oder Berlin über die Weihnachtsfeiertage bei meiner Familie zu sein. Ein paar Kilometer westlich von St. Nazaire liegt mit Pornichet eine geeignete große Marina. Nach Nantes sind es von dort nur etwa 50 km Luftlinie. Sollte dieses nicht möglich sein, dann würde ich die Odd@Sea aber ohnehin lieber hier in Brest wissen, da der Hafen von Pornichet zwar als sicher gilt, jedoch künstlich vor der Küste angelegt wurde und mir nicht die gleiche Sicherheit bei starken Winden zu gewähren scheint. Zudem ist dort im Winter „der Hund begraben“. Nicht so in Brest.

Wenn ich noch weiter die Küste entlang nach Süden fahren müsste, dann wäre der nächste für einen Flug nach Deutschland geeignete Ort Bordeaux und dann erst wieder in Spanien, nämlich in Bilbao. Aber vielleicht ist mir das Wetter aber auch gnädig und beschert mir einen angenehmen Transit direkt nach La Coruna.

Mein guter Eindruck von Brest ist wieder vollständig bestätigt worden. Nicht nur die Hafenbesatzung ist äußerst hilfsbereit. Auch der Schiffselektroniker, der am Montag pünktlich um 9:00 Uhr bei mir auftauchte, zeigte sich äußerst freundlich und kompetent. Er blieb sogar freundlich, als er mich mit dem Bootsmannstuhl an den Masttop mit Hilfe einer Winsch gleich zwei Mal hoch und wieder herunter bewegt hatte. Er hatte so etwas noch nie gemacht und auch nicht gedacht, dass das richtig schwer sein würde. Mein Angebot, dass ich ihn hoch bewege lehnte er mit versicherungsrechtlichen Bedenken ab. Warum zwei Mal einen solchen Akt? Ich hatte zunächst das Spinackerfall verwendet und dabei nicht beachtet, dass dieses etwa einen halben Meter unter dem Top durch ein Auge geführt wird. So kam ich nicht an die Wettersensoren heran. Mit dem Großfall war es dann überhaupt kein Problem. Er hatte, um das System zunächst zu testen, einen funktionierenden baugleichen Sensor mitgebracht, den wir zunächst prüften und keinen Befund feststellen konnten. Die Kabel, der Prozessor und das Display konnten so zugleich als befundfrei festgestellt werden. Er nahm dann beide Windsensoren mit in sein Labor, um mein Gerät zu untersuchen und ggf. zu reparieren. Es ist geradezu ein Witz, dass mir in dieser Nacht wieder eingefallen war, dass ich ja noch den Sensor habe, der mir vor drei Jahren in der Dorstener Schleuse am hinteren Schleusentor bei der Bergfahrt abgerissen wurde. Das Problem war damals, dass die Halterung des Sensors zerbrochen war, dieser selber aber keine Anzeichen eines Schadens zeigte. Ich hatte dann ein neues Komplettsystem eingebaut und so den alten Sensor noch im Schrank. Ich unterrichtete ihn daraufhin telefonisch darüber und erfuhr zugleich, dass mein Sensor tatsächlich irreparabel kaputt ist und er vereinbarter Weise ein fabrikneues Exemplar bestellen würde. Die Neubestellung konnte ich so gerade noch verhindern.

Als der junge Mann am nächsten Morgen wieder am Schiff erschien, ging alles ganz schnell. Ich wurde auf den Mast gehievt, ein kurzer Test bestätigte die Funktion und es ging wieder abwärts. Zum Abschluss der Aktion nahm er mich dann mit dem Firmenwagen in seine Geschäftsräume mit und ich lernte beim Bezahlen dann noch seinen Chef kennen. Auf der Rückfahrt gab es dann noch sehr persönliche Gespräche über Gott und die Welt und der Abschied fiel uns dann ein wenig schwer, denn wir hatte eine sehr intensive Zeit einer perfekten Kooperation erlebt. Ich bin nicht nur froh über diese Begegnung mit einem sehr netten Menschen, sondern auch über mein wieder funktionierendes Windsystem. Ich will aber nicht versäumen zuzugeben, dass ich noch einen, ich denke altersbedingten Flop gelandet habe. Es fiel mir erst nach alledem ein, dass sich voriges Jahr irgendwo einmal meinen Verklicker selbständig gemacht hatte und auf das Deck fiel. Er war nicht beschädigt und musste einfach nur wieder festgeschraubt werden, ich kann ihn allerdings auch nach vielen Stunden der intensiven Such an Bord nicht sehr finden. Dieses einfache Instrument macht eigentlich nichts anderes, als was das elektronische auch macht, wenn man es von ihm verlangt. Er zeigt die scheinbare Windrichtung an. Es muss also auch weiterhin ohne eine mechanische Redundanz gehen.

Was war noch? Ach ja, ich habe mal so eben das Schloss meines Steckschotts angetötet. Es fiel mir versehentlich aus der Hand und schlug so unglücklich auf, dass der Handknopf zur Verriegelung von innen abgebrochen ist. Von außen lässt es sich noch verriegeln. Ich konnte es reparieren, jedoch fehl mir zur Fertigstellung eine Spezialzange zum Einbau eines Spreizrings. Etwa nach fünf Stunden der Improvisation mit unterschiedlichsten Wirkprinzipien, habe ich zunächst einmal die Karten aus der Hand gelegt. Wem dazu etwas einfällt, der möge sich melden. Ich wäre sehr dankbar.

Dieser Hafen hier ist ganz das Gegenteil von dem in Guernsey. Auch bei stärkstem Wind liegt man her äußerst ruhig. Außerdem bietet die Stadt alles, was das Herz begehrt in komfortabler Entfernung. Genau das benötige ich zu einem anderen technischen Problem. Mein selbstkonstruierter und gebauter Windgeneratormast scheint nicht ausreichend dimensioniert zu sein. Immer wieder verlieren die Befestigungsbolzen die Kraft und lassen ihn bedrohlich schwanken. Außerdem verschleißt die Steckverbindung dabei zunehmend stark. Nun habe ich einen Adapter in Form eines Drehteils konstruiert, der die Kräfte über eine sehr viel größere Fläche verteilt und hoffe, dass damit das Problem ein für alle Mal gelöst sein wird. Ich bin gerade hier in Brest guter Hoffnung, dass mir jemand dieses Bauteil auf einer Drehbank anfertigt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert