23.7.2019 Nun geht es aber endlich los mit dem Ostseetörn!

Ich habe seit einiger Tagen keinen Blogbeitrag mehr geschrieben. Der Grund dafür geht wohl aus dem folgenden Bericht sehr klar hervor. Leider ist dieser aber dadurch auch etwas länger geworden, als es typisch ist. Ich bitte freundlich um Absolution.

Da war richtig Verkehr vor dem Hafen Möltenort! Hier fährt gerade eine große Ostseefähre an der Hafeneinfahrt vorbei.

Am Dienstag, den 16.7.2019, ich lag mit der Odd@Sea noch im Hafen von Heikendorf-Möltenort bei Kiel, brachte mich ein sehr freundlicher, angehender Student der Volkswirtschaften, der sich seinen Unterhalt mit Taxifahren verdient, nach Kiel zu dem auch ihm bekannten Ausrüster sowie einem weiteren Laden und anschließend wieder zurück zum Schiff. Er ist natürlich auch Segler, sodass die Fahrt von Heikendorf in die Landeshauptstadt recht kurzweilig und interessant wurde. Es freute mich, dass ich ihm mit meinen Kenntnissen über das universitäre Leben mit ein paar Tipps Antwort auf einige seiner Fragen geben konnte. Er half mir dafür beim Transport der schweren Ladung (Vier 100 Ah-Akkus) beim Einladen in seinen Wagen. Zuvor hatte mir der Liegeplatznachbar dabei geholfen, diese Brocken über den Anker auf den Steg und dort in einen Handwagen zu bewegen. Man hilft sich unter Seglern ohne viele Worte! In Kiel standen die neuen Batterien bereits bereit zur Verladung und so konnten wir auch noch einen KFZ-Ausrüster am Schwedenkai anlaufen. Die verfügbaren Polschuhe zum Verbinden der schweren Kabel mit den Batterien sowie diese untereinander waren äußerst ungeeignet, da sie zu sperrig waren für die Dimensionen der Batteriekiste im Schiff. Das hatte ich bereits beim Einbau des ersten Akkus in Holtenau bemerkt. Ein geeignetes Paar Polschuhe waren noch am Lager, die restlichen 4 Paare mussten noch beschafft werden. Der empfohlene KFZ-Teilehändler hatte diese glücklicherweise am Lager und so stand das Abenteuer „Batterieaustausch“ vor seiner Vollendung. Ich möchte noch erwähnen, dass mir der junge, kräftige Taxifahrer beim Laden der schweren Kisten in das Schiff ebenfalls geholfen hat. Der Rest war dann Handwerk, wobei ich wegen der nun auf 3 Varianten von Polschuhen angewachsenen Teilevielfalt zunächst einmal meinen Bordschraubstock installieren und die Teile mit Trennscheibe und Feile auf die geeigneten Abmessungen bringen musste. Nach zwei Stunden war dann alles perfekt und es konnte am nächsten Tag losgehen.

Mit den neuen Akkus sieht es etwas enger aus im Batterieraum. Die Leitungsführung mußte den verfügbaren Polschuhen angepasst werden.

Wie so häufig, spielt, wenn es darauf ankommt, der Wind nicht mit. Es sollte ein Zweitagestörn an die Einfahrt zum Strelasund südöstlich von Rügen werden, um dadurch die infolge der technischen Probleme etwas gering gewordene Zeit in mehr Strecke umzusetzen. Erschwerend kam hinzu, dass die Schießgebiete von Todendorf und Putlos beide aktiv waren, was einen riesigen Umweg weit hinaus auf die Ostsee mit sich brachte, um schließlich wieder zurück durch den Fehmarnsund zu kommen. Trotz des hervorragenden Badewetters war das sehr ärgerlich.

Die Schönheit der Fehmarnsundbrücke aus der Entfernung ….
… und kurz vor der Durchfahrt.

Unter Motor bei wenig Gegenwind ging es so leidlich voran. Im Sund nahm dann der Wind zu und die Fahrt deutlich ab. Das Sollte anhalten bis zum Ziel am nächsten Tag. Noch ärgerlicher! Was aber meine Stimmung dann zum Kippen brachte war die typische Ostseewelle, nur bis maximal einem Meter hoch, aber auch nur etwa 5 Meter lang. Das bedeutete, dass der Bug regelmäßig untertauchte um sich danach wieder in Richtung Himmel anzuheben, usw. Nach jedem Aufprall auf dem Wasser ging ein Knoten Fahrt verloren und meine Durchschnittsgeschwindigkeit sank auf die verbrauchsmaximierte Geschwindigkeit von etwa 3,5 Knoten. Vor Ärger an den Nägeln kauend musste ich dieses Leid den Tag und die Nacht durch ertragen. Ich hätte dieses allerdings von meinen vielen Törns auf der Ostsee wissen müssen. Jetzt weiß ich wieder, warum es mir auf dem Atlantik so gut gefallen hat, der zwar höhere, aber viel längere und damit weichere Wellen aufweist.

Etwas links und oberhalb der Bildmitte ist ein „Blutmond“ zu sehen, der natürlich mit meiner einfachen Kamera nicht gut zu sehen ist. In „Real Life“ hat mich dieses Bild einfach umgehauen, wegen der Schönheit des Mondes. In der nächtlichen Dunkelheit erscheint der Mond deutlich größer und wirkt daher sehr viel stärker, als dieses Bild vermitteln kann. Man kann das bekannte „Mondgesicht“ sehr gut erkennen. Es geht einem unter die Haut, wenn da plötzlich ein Gefühl der Unendlichkeit auftaucht.
Aus der Nacht wird Tag. Die Sonne hinter dem Horizont erhellt bereits die Szene.
Jetzt wird der Himmelkörper sichtbar …
… und nun ist die Sonne schon fast über dem Horizont zu sehen. Sie ist aber noch nicht rund wegen der Lichtbrechung an der Erdatmosphäre. Auch diese Momente der Erhabenheit natürlicher Phänomene jagen mir eine Gänsehaut über den Rücken. Mond und Sonne waren einzigartig in dieser Nacht auf See.

Na ja, jedes Drama hat auch einmal ein Ende und das war bei mir nördlich von Neuhof und südlich der Insel Hiddensee in einer sehr schönen Ankerbucht der Fall, in die ich etwa um 8:00 Uhr morgens einlief und dort für etwa 4 Stunden in wunderbar ruhiger Lage sehr gut schlafen konnte. Irgendwie lockte mich dann aber das verbesserte Wetter und die Aussicht, noch an diesem Tag durch den Strelasund und bis in die Greifswalder Bucht zu kommen und damit ein erhebliches Stück des geplanten und noch langen Weges zu meinem für den 22.7.2019 verabredeten Treffen mit Freunden in Kolberg zu schaffen. Dazu musste ich aber zunächst einmal einen geeigneten Zeitslot für die Durchfahrt unter der Klappbrücke in Strahlsund treffen. Zudem musste ich wieder einmal tanken, was direkt vor der Brücke möglich ist. Letzteres bescherte mir dann aber auch ein Erlebnis der besonderen Art. Normalerweise sind Yachttankstellen rar und deshalb nur sehr selten ohne Wartezeit zu nutzen. Ganz anders in Stralsund. Es war überhaupt kein Betrieb und das hatte einen guten Grund: Der Literpreis für Diesel lag bei dem Rekordpreis von 1,65€ pro Liter. Na ja, wenigstens erhob sich die Klappbrücke direkt nach dem Tanken und ich konnte ohne Zeitverlust nach Osten weiterfahren.

Es war auffällig, wie viele Yachten in beiden Richtungen mit mir den Strelasund in beiden Richtungen passierten. Die völlig unstrukturierten Rudel vor der Brücke lösten sich zum Teil erst nach bösen Worten der Betroffenen, da viele der Skipper wohl den Stress dieser Enge nicht ertragen können. Dazwischen fahren auch noch größere Frachtschiffe, die von den Streitenden gar nicht wahrgenommen werden. Ein mehrere Minuten langer, extrem lauter Signalton aus dem Horn des Frachters machte diesen Leuten dann klar, wo der Buttler den Most herholt. Sehr interessant zu beobachten, wie diese Horde dabei fast in Panik geriet.

Der nächste Streckenabschnitt war zunächst gekennzeichnet durch ein heftiges Gewitter, aber auch durch geeigneten Segelwind. Zunächst mit Motorunterstützung, dann aber in der natürlichen Form des Segelns ging es durch den Sund in die Greifswalder Bucht und dort in Richtung Norden, ebenfalls in eine sehr schöne Ankerbucht am nordöstlichen Rand. Es war bei meiner Ankunft dort noch recht früh am beginnenden Abend, was mir nun eine wirklich lange Nacht und einen sehr guten und tiefen Schlaf bereitete. Es war einfach wunderbar und der Lohn für zwei sehr anstrengende Tage auf See!

Am Morgen ging es dann nach einem ausgiebigen Frühstück bei schwachen, jedoch verwendbaren Segelwind in Richtung Swinemünde, direkt hinter der Grenze zu Polen. Noch in der Greifswalder Bucht konnte ich erstmalig meinen Windpiloten ausprobieren und ich kann nur sagen, er funktionierte sofort, wenn auch nach einigen Einstellversuchen. Allerdings braucht dieses Gerät Fahrt im Schiff und hasst offensichtlich Wellen, die ihm eine falsche Information über den scheinbaren Wind geben. Dieser wird dadurch beeinflusst, dass sich bei intensivem Auf- und Ab des Hecks in einer kurzen und schräg einfallenden Ostseewelle, die Anströmrichtungen verändern und er damit nicht so gut klarkommt. Ich muss auf jeden Fall noch ein wenig üben, bis ich mich mit ihm vollständig anfreunden werde. Ich bin guter Hoffnung, dass mir dieses gelingen wird.

Schnell war ich jedenfalls nicht auf dieser Strecke, denn ich erreichte die Mündung der Swine um Mitternacht und musste in diesem stark befahrenen Hafen in einem äußerst unübersichtlichen Wirrwarr von Lichtern den Weg durch ein Labyrinth von Hafenbecken im Dunkeln finden. Ich glaube, meine Flugerfahrung gibt mir einmal mehr das nötige Vertrauen zu den Instrumenten, denn ich folge in solchen Fällen lieber dem Navigator als den Lichtern. Das hat bei mir bisher stets Stress vermieden und auch unter schwierigen Verhältnissen stets zum Erfolg geführt. So auch in diesem Hafen. Allerdings war dieser für etwa 500 Yachten gebaute Hafen vollständig überfüllt und die Päckchen ragten weit in die Hafenbecken hinein. Ich suchte mir also einen freien Platz an der Pier des Industrieteils und verbrachte dort sehr bequem die Nacht, jedoch immer ein wenig auf anstehenden Ärger eingestellt. Dieser kam nicht, sondern lediglich die freundliche Aufforderung zweier Polen um etwa 9:00 Uhr morgens, die mich darum baten, so schnell, wie möglich zu verschwinden. Ich tat, wie von mir verlangt und das, wie von mir geplant. So muss es sein.

Auch die nun nur noch wenig über 100 km lange Fahrt zum Zielort zeigte dann dieselben Merkmale wie die Fahrt der letzten Tage. Der Wind war nun noch etwas stetiger und etwas stärker und das aus achterlichen Richtungen. Man kann von idealem Segelwetter sprechen, einem Vergnügen und Balsam für die geschundene Seele.

Ich habe mein Ziel wieder einmal pünktlich erreicht und liege jetzt in der nicht sehr großen Marina von Kolberg an einem schwimmenden Fingersteg inmitten eine Reihe von Yachten nach vier Tagen ohne Landgang. Bei meiner Ankunft standen sogar mehrere Liegeplätze zur Auswahl. Skipper, was willst Du mehr. Die Menschen hier sind äußerst freundlich und hilfsbereit und sprechen alle entweder Englisch oder Deutsch. Es liegen vor allem Yachten aus den Ostsee-Anrainerländern hier, deren Skipper sicherlich, wie ich auch, den sehr fairen Preis für die Übernachtung hier schätzen. Die Infrastruktur des Hafens ist dabei sehr modern und in hervorragendem Zustand, was ich bei meinem dringend benötigten Duschgang feststellen konnte. Lediglich der Umgang mit der hiesigen Währung, den Zloty, bereitet ein wenig Kopfzerbrechen, da man Derartiges fast überhaupt nicht mehr gewohnt ist in Europa. Egal, man kann auch verlorengegangene Fähigkeiten wieder reaktivieren.

Etwa eine halbe Stunde vor der Prognose läutete mein Handy und drei Fliegerkameraden aus meiner aktiven Zeit, in der mein Leben weitgehend durch die Fliegerei bestimmt war, sowie der Bruder eines von ihnen kündigten Ihre Ankunft auf dem Flugplatz von Kolberg an. Mit dem Taxi waren sie angesichts von Verkehrsstaus auf dem Wege überraschend schnell am Hafen. Nach einem etwa zweistündigen Flug kamen aus Niedersachsen Bertram und Peter in einem schnellen Ultraleichtflugzeug sowie Mohamad und sein Bruder mit einem Flugzeug des Typs A210. Es war ein Wiedersehen nach vielen Jahren und es gab viel zu erzählen. Die Zeit konnte nicht reichen, um alles zu Berichtendes ansprechen zu können. Da mussten zur Intensivierung der viel zu kurzen Begegnung reichlich gutes Essen und das eine oder andere Kaltgetränk ihre Wirkung einsetzen. Es war herrlich bereichernd, zusammen alte gemeinsame Erlebnisse wieder aufzufrischen und über die heute bestehenden Ansichten zu sprechen. Die Zeit war leider viel zu kurz. Ich danke den Vieren herzlich für die Freude, die sie mir durch ihren Besuch bereitet haben. Sie haben mich für eine Weile in mein altes Leben gedanklich zurückversetzt und mir damit das besondere Glück vermittelt, welches mir durch die Vielfalt meiner Aktivitäten in meinem Leben wiederfahren ist. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug nach Hause.

Danke für Euren Besuch in Kolberg!
Der Bruder von Mohamad (ganz links) ist nicht zu sehen, da er gerade das Photo macht. Bertram mit rotem Shirt und Peter ganz rechts.

Für mich wird es, wenn das Wetter mitspielt, jetzt wieder etwas ruhiger weitergehen in Richtung Klaipėda. Als Zwischenstation habe ich einen kleinen Fischereihafen vor der Grenze der russischen Exklave vorgesehen. Sollten der Wind und die Wellen mir aber gnädig sein, dann werde ich in einem Leg durchfahren. Mal sehen.

Ein Gedanke zu „23.7.2019 Nun geht es aber endlich los mit dem Ostseetörn!“

  1. Na, ganz heimlich macht er sich auf die Piste, dabei hätte er in Stralsund einen schönen Liegeplatz bei der Gorch Fock am Kaispeicher mit Essen im Fishermans für umsonst bekommen…
    naja, wer sich nicht meldet….

Schreibe einen Kommentar zu Angu Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert