30.6.2020 Mein Aufenthalt in Les Sables D´Olonne ist nach sieben Monaten und einem Jahreswechsel beendet

Die letzten zwei Wochen in Les Sabes D´Olonne waren für mich schrecklich und daher war mein Drang zur Veränderung groß. Überhaupt war ich schon zuvor verwundert über meine seelische Belastbarkeit. Ich machte überhaupt nichts, hatte fast gar keine sozialen Kontakte außer über das Internet und mir ging es eigentlich ziemlich gut. Dann fiel im Hafen das WLAN fast vollständig aus. Vorher war es nur unzuverlässig, funktionierte aber meistens am späten Abend. Es dauerte nicht lange, bis ich wirklich ein wenig Schaden bei diesem „Total Communication Breakdown“ nahm. Zunehmende Denkausfälle verbunden mit merkwürdigen Gefühlsausbrüchen brachten mich zu der Entscheidung, mit dem nächsten Wetterfenster meinen Liegeplatz in Richtung Süden zu verlagern. Gesagt, getan. Gestern war der Tag.

Der Abschied von diesem mir wegen seiner Stille sehr lieb gewordenen Hafen war geprägt durch eine neue Erfahrung, die ich aufgrund meiner bisher eher kurzen Hafenaufenthalte noch nicht gemacht hatte. Die monatliche Liegeplatzmiete hat sich im Juni gegenüber der aller Vormonate verdoppelt! Die Sommersaison hatte begonnen, obwohl es hier noch keinen Tag mit Temperaturen über 20 Grad gab! Na ja, es erwartet mich nun der mit mehr als 3500 Schiffen absolut größte französische Hafen, der für eine Woche etwa den Preis verlangt, den ich bisher im Monat bezahlt habe. Das ist das Schicksal des Dauerseglers!

Die Fahrt selbst war geprägt durch schwachen achterlichen Wind und überwiegend Sonnenschein, den ich nicht auseichend wahrgenommen habe und mich nun mit einem Sonnenbrand herumschlage. Aber, in dem Moment, in dem ich auf das Meer fuhr, war mein desolater Seelenzustand beendet. Es war wie ein Wunder!. Es ging nicht schnell aber stetig voran und ich legte nach sieben Stunden unter Segeln am Gästesteg des Hafens „Les Minimes“ (natürlich dann mit geborgenen Segeln) an.

Bevor sich diese Hochstimmung jedoch richtig ausprägen sollte, kamen noch einige Überraschungen an der Odd@Sea, die ja eine sehr lange Zeit nicht gefahren war. Als ich das Großsegel hinaufziehen wollte, musste ich feststellen, dass meine Kräfte dazu einfach nicht ausreichten. Ich hatte bisher selbst im schweren, aber schnellen Gang nie Probleme damit, nun war ich selbst mit dem langsamen Gang bereits nach wenigen Kurbelumdrehungen am Ende. Nun half wieder einmal der Kopf mit, denn mir kam die Erklärung mit der Erkenntnis, dass ich ja stets vor dem Saisonbeginn die Vorliekrutscher mit Silikon eingesprüht habe. Gerade in Meeresnähe, wo die Luft einigermaßen viel Salz mit sich trägt, steigt die Mastschienenreibung stark an. Damit gab es eine saubere Erklärung für das Ungemach und ich legte noch einen Zahn Kraft auf die Kurbel. Es dauerte zwar ziemlich lange, aber irgendwann war dann das Segel oben. Nun hoffte ich darauf, dass es sich bei der Ankunft wieder selbstständig herunterbewegen würde. Es tat mir den Gefallen.

Was ich daraus gelernt habe: Nun brauche ich wieder ein wenig mehr Bewegung, da mir die Kräfte zu schwinden scheinen, die zum Führen der Odd@Sea benötigt werden.

Was ich dann allerdings kurz vor dem Erreichen der Brücke, welche die Ile de Rée mit dem Festland verbindet, feststellen musste, war außerordentlich ärgerlich: Das Fahrwasser wurde flacher und, da ich die auf meinem Kurs zu erwartende Tiefe nicht präzise kannte, wollte ich vorsichtshalber mein Schwert und mein Ruder aufholen. Weder das hydraulisch betätigte Ruder, noch das Schwert ließen sich bewegen. Da ich bei einer derartigen Situation bereits schon einmal eine Leine mit der Winsch zerrissen hatte, musste ich diese Situation einfach akzeptieren. Letztlich wurde es auf der Zufahrt zur Brücke nicht gefährlich flach, denn ich sah auch große Kielschiffe auf gleichem Kurs vor mir. Was sagt mir das? Ich habe wieder unangenehme Reparaturarbeiten am Schiff vor mir, und ich bin doch ein so fauler Mensch!

Ich konnte bereits am ersten Abend hier im Port Les Minimes feststellen, dass es hier das erwartete dauerhaft zuverlässige WLAN gibt und schaute mir noch spät eine Kabarettsendung an, bevor ich in die Koje ging.

Ich freue mich nun zunächst auf die Ankunft von Erik, meinem „Einführer“ in die Kunst des Mehrtagestörns vor vielen Jahren, den ich dann gerne zu seinem Schiff „Kire“ nach Rochefort fahren und ihm beim Zuwasserlassen und der Fahrtvorbereitung helfen werde. Für die Zeit danach gibt es durch die Pandemie nur wenige und bisher nicht wirklich gute Ideen. Neben einer möglichen Fahrt in das Mittelmeer durch den Canal du Midi steht die Vorstellung von Jörg, der schon einige Male in meinem Blog genannte wurde, auf der Liste der Möglichkeiten, im „Europäischen“ zu bleiben und mit ihm zusammen über die Azoren, die Canaren und die Meerenge von Gibraltar ebenso dahin zu fahren.

Mal schauen, was die Zukunft bringen wird, insbesondere die Entdeckung eines Impfstoffs gegen Corona. Davon hängt eigentlich alles ab.

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