Der Anker wurde in der Nacht in dem keinen Hafen von Parga keineswegs strapaziert. Die Odd@Sea drehte sich zwar mindestens einmal ganz um ihre Hochachse, aber das war kaum wahrnehmbar. Etwa um 10:00 Uhr ging es bei absoluter Windstille los und so blieb es auch während der gesamten Fahrt nach Kerkyra, der größten Hafenstadt auf Korfu, die man etwa in der Mitte am östlichen Ufer der Insel finden kann. Die Fahrt dorthin konnte sich nur auszeichnen durch die besondere Windstille einerseits und relativ viel Verkehr andererseits. Dazu verweise ich auf die eingefügten Bilder.







Die Stadt Kerkyra hat auf den ersten Blick wieder das Erscheinungsbild, wie es für diese Gegend typisch ist, malerisch sind die Mischung von Häusern und antiken Gebäuden, die sich meistens als Ruinen darstellen. Aber diese Stadt ist auch ganz anders. Nach einem Rundgang durch die Innenstadt muss ich feststellen, dass dieses Kerkyra wohl alles bisher Gesehene übersteigt. Ich bin schlicht beeindruckt von der Schönheit dieser zugleich alten, wie auch sehr modernen Stadt. Auch der allgemeine Pflegezustand ist erstaunlich gut. Ich bin schlicht begeistert und kann mir sogar vorstellen, dass ich hier eine Weise verbringen könnte. Was macht diese Stadt so schön? Es sind die engen und unübersichtlichen, aber stark belebten Gassen der autofreien Innenstadt und die zugleich großen, teilweise parkartigen oder auch architektonisch sehr schön gestalteten städtischen Plätze mit ihren herrschaftlichen Gebäuden. Die Gassen haben zum Teil nur eine Breite von etwa 2 Metern! Man nicht ahnen, dass sich hinter der nächsten Ecke ein kleiner, gemütlicher Platz mit Cafés befindet von dem dann wieder mehrere Gassen abgehen. Vor meinem Liegeplatz befindet sich ein großer Parkplatz für PKW, die wegen der Enge nicht in die Innenstadt können und dürfen. Die Häuser sind hier wie an den anderen Plätzen und zum Teil auch in der Enge der Innenstadt vornehmlich mit mindestens 5 Stockwerken ausgestattet, also sehr repräsentativ. Zugleich ergeben sich durch die nicht erkennbare Bauordnung Wohn- und Geschäftssituationen, die sehr chaotisch und daher aber auch sehr lebensfroh daher kommen. Es gibt durchaus auch großartige Architektur zu bestaunen, denn es gibt hier ebenso sehr große alte wie auch sehr junge Gebäude in erstaunlicher, aber durchaus stimmiger Mischung. Unter den Geschäften findet man alle Labels, die eine Großstadt ausmachen, nur eine Nummer kleiner in den Abmaßen, denn es herrscht, wie gesagt, Enge. Die Stadt wird dominiert durch zwei große Wehranlagen. Eine davon befindet sich in der Einfahrt zum Hafen. Die zweite überragt die Innenstadt auf einem Berg, an dessen Flanken sich die städtische Bebauung hinaufzieht. Die Infrastruktur gleicht der einer modernen Großstadt, ist jedoch in angemessener Weise etwas kleiner dimensioniert. Für den interessierten Nautiker kommt noch die relativ große Anzahl von vier Marinas hinzu, eine sehr große, eine mittelgroße und zwei kleine. Ich bevorzugte für die Nacht den öffentlichen Hafen, der so leer war, dass ich nicht lange überlegte, um hier die Leinen festzumachen. Mal sehen, ob es einen Grund dafür gibt, dass dieser direkt in der Stadt gelegene Hafen kaum benutzt wird. Der Schwell der vom großen Hafen hier vorbei fahrenden Fähren vielleicht? Die erste Nacht wird es zeigen. Ja, der Schwell ist erheblich, aber nicht der wahre Grund für die Leere. An einem der vielen in der Stadt aufgehängten Stadtpläne konnte ich die aktuelle Bezeichnung für diesen Hafen finden: „New Port under Construction“. Na ja, dann bin ich eben der erste Besucher eines noch nicht eröffneten Hafens. Bisher hat sich keiner beschwert. Ein freundlicher Engländer, der sein Boot im Nachbarhafen untergebracht hat, hat mir am Abend die Verlagerung der Odd@Sea an eine weiter im Inneren des Hafenbeckens gelegene Position, die weniger Schwell aufweist. Dankend nahm ich diesen Rat und seine manuelle Hilfe bei der gemeinsam durchgeführten Aktion an. Nun ist es ein wenig ruhiger.


Was mich wieder einmal begeistert hat, ist die Hilfsbereitschaft der Menschen. Ich frage in einem kleinen Laden für elektronische Geräte am Empfang nach einer Batterie für mein betagtes NOKIA-Handy. Die freundliche Dame verwies mich an den Techniker im ersten Stock. Was mein Anliegen angeht, musste der junge Herr leider verneinen. Er zeichnete mir aber eine Skizze für den Weg, den ich zu einem entsprechenden Händler gehen sollte, mit Straßennamen und Navigationshinweisen. Der Plan stimmte und selbst ich, der zu einer gewissen Überinterpretation von Zeichnungsdetails neigt, habe den ebenfalls sehr freundliche Händler im Wirrwarr der kleinen Straßen auf Anhieb gefunden. Nun bin ich wieder ausgestattet mit einem mehr als einen Tag ohne Ladung auskommendes Handy. In Berlin hatte ich mehrmals erfolglos versucht, diesen Akku zu bekommen. Was für eine erfreuliche Wendung.
Ein Gedanken zu einem offensichtlich vorliegenden Unterschied im Wirtschaftsleben in GR und D. Während bei uns sogar die Stadtkerne der Bezirke oder Kleinstädte durch wenige Großkaufhäuser geprägt sind, in denen man fast alles bekommen kann, so finden sich hier überhaupt keine Kaufhäuser, sondern eine große Anzahl von kleinen und kleinsten Läden, die in der Summe sicherlich das Gleiche, jedoch in unübersichtlicher Weise anbieten. Supermärkte gibt es zwar, jedoch haben diese nur sehr begrenzte Abmessungen. Das bedeutet nicht, dass diese nicht das gleiche Angebot haben, wie die riesigen Supermärkte in Deutschland oder insbesondere die in Osteuropa. Allerdings wird man häufig enttäuscht dadurch, dass der gewünschte Artikel gerade ausverkauft ist, da die Bevorratung sehr begrenzt ist. Die Geschäfte hier sind insgesamt vergleichsweise schlecht besucht, bei uns drängelt man zumindest an der Kasse. Was ist nun das bessere System? Wirtschaftlicher ist sicherlich unseres. Es spart Zeit bei den Konsumenten und kann wegen der Economy of Scale preiswert anbieten. Weniger Personal, größere Lastwagen! In der Folge werden allerdings weniger Menschen beschäftigt. Hier scheinen die Läden offen zu sein, wenn der Betreiber dazu Lust hat. Das kann auch am Sonntag in der tiefen Nacht sein. Könnte es sein, dass das griechische System lebenswerter ist als das Unsere, da es dem Kunden mehr Flexibilität statt Zeitersparnis bietet? Allerdings muss man auch die wirtschaftliche Lage der beiden Länder im EU-Vergleich betrachten. Ist also der Bewertungsmaßstab für Prosperität in Europa eventuell zu einseitig definiert.
Nun heißt es, ein Wetterloch zu finden, welches mich über mindestens zwei Tage hinweg mit fahrbarem Wind versorgt, um nach Otranto in Italien zu kommen oder noch eine Weile zu bleiben.
Mal schauen, was kommt.
Hallo Jürgen,
Vielleicht hast Du auch festgestellt, dass die Preise, zumindest in Korfu, deutlich höher als bei uns sind. Da schlägt das effiziente deutsche System zu: Es gibt dort Lidl mit allem was der Segler braucht zu günstigen Preisen.😂
Viel Spaß weiterhin wünscht aus der Pampas, Argentinien
Kai