31.10.2017 Der Sturm bleibt und hat Folgen

Ich habe in Budapest einen Tag Pause eingelegt, da für den angehenden Tag schreckliches Wetter vorausgesagt wurde. Sturm bis Orkanstärke, Regen und Kälte. Da habe ich mir lieber die sehr gut arbeitende, nur wenig Diesel verbrauchende Heizung angemacht und den Tag bei guter Musik aus meinem mp3-Player und einem opulenten, an Bord zubereitetem Essen verbracht. Selbst der kurze Versuch einer kurzen Besichtigung der direkt nebenan gelegenen Margaretheninsel mitten in der Donau fiel dem Regen zum Opfer. Dafür sollte aber am nächsten Tag wieder die Sonne scheinen, jedoch sollte es bei Kälte und Starkwind bleiben. So war es dann auch.

So nutzte ich am Morgen die Möglichkeit einer komfortablen Betankung der Odd@sea mit Diesel und Wasser in der Marina, war aber einigermaßen entsetzt über den mit 33 € bisher höchsten Preis pro Liegetag während der gesamten Reise. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Also, so what. Was ich unterschätzt habe war der Wind mit seinen orkanartigen Böen. Da ich bei der Fahrt durch Budapest mit fotografieren beschäftigt war habe ich es nicht bemerkt, daß mir das wichtigste Teil meines Schiffes auf internationaler Fahrt, der Fahnenstock mit der Nationalen am Heck, durch eine Böe zerbrochen und verloren gegangen war. Ich bemerkte es erst als ich bereits weit aus der Metropole herausgefahren war. Wie auch immer, ich brauche dringend eine neue Flagge, da das Zeigen der Fahne des Herkunftslandes Pflicht ist im Ausland. Spätestens bei der Einreise in Serbien, was für Ubermorgen geplant ist, wird man mich damit quälen bzw. sogar abweisen.

Der Rest meines Flaggenstocks

Nun habe ich heute den kleinen Hafen in Kisapostag (etwa 85 km stromab von Budapest) angelaufen, von dem ich weiß, dass hier ein deutschstämmiges Paar verantwortlich ist und erhofft, dass diese mir bei der kurzfristigen Beschaffung des Tuchs behilflich sein könnten. Entweder durch einen direkten Kauf der Flagge oder, wie hier wohl eher möglich, durch aneinandernähen von drei entsprechend gefärbten Tüchern. Ohne ein Wort Ungarisch verstehen und sprechen zu können, wird das nicht gehen. Leider ist der Hafen aber vollständig unbelebt und auch die Betreiber über Telefon nicht erreichbar. Ich werde mich wohl bei meinem nächsten Stop um dieses Prolem bemühen müssen. Es gibt Hoffnung, weil auch in dem geplanten nächsten Hafen, Baja, ein Deutscher das Sagen haben soll. Wenn er denn da ist. Diese Hoffnung hat sich bereits vor der Einfahrt erledigt, denn meine telefonische Anfrage bei dem betreffenden Herren ergab, dass wir uns zwar auf deutsch unterhalten konnten, er aber auf den geschlossenen Hafen verwies, mir nicht einma eine Übernachtung dort erlaubte und mir die Weiterfahrt bis zum Grenzort empfahl. Da ich diesen Ort jedoch vor Sonnenuntergang nicht mehr erreichen konnte, fuhr ich noch eine weitere Stunde auf der Donau zu einem mir geeignet erschienenen Ankerplatz. In der Tat erwies sich dieser Ort bisher als sehr idyllisch und auch ruhig. Mal sehen, ob letztlich der Anker bis morgen früh hält.

Ist er nicht idyllisch, mein erster Ankerplatz am Rand der Donau?
… Auch nach hinten geschaut einfach schön

Morgen werde ich nur ein kurzes Stück bis zur ungarischen Zollstation zum Ausklarieren fahren, danach ein weiteres kurzes Stück mit Wechsel der Donauseite und in Serbien die geiche Prozedur, jedoch zum Einklarieren durchführen. Ich mache sowohl das Ankern im Fluß als auch die Zollprozeduren zum ersten Mal, denn ich war seglerisch stets im Euroland oder in der See unterwegs. Also ist also Spannung angesagt. Diese wird sich sicherlich schnell legen, denn diese Vorgänge werden sich jetzt regelmäßig wiederholen. Man lernt ja nie aus!

Gott sei dank bin ich mit meinem Schiff energetisch völlig autark. Seit Wochen hatte ich keinerlei Landstrom mehr benutzt, da der Motor jeden Tag die Batterien während der Fahrt zu 100% aufläd. Das Ankern macht da keine Ausnahme. Nach drei Tagen ohne Motorlaufzeit habe ich immer noch ca. 90% der Kapazität verfügbar, obwohl ich mir keine besondere Mühe gebe, Strom zu sparen. Jeden Abend kann ich zudem mit fast kochendem Wasser duschen oder das Geschirr spülen, ohne Strom zu verbrauchen. Auch dafür sorgt der Motorbetrieb am Tag, sozusagen als Abfallprodukt.

Wie auch immer, wie beim letzten Stop es ist jetzt auch wieder 16:30 Uhr und die dunkle Nacht hat mich in dieser Einöde inmitten der ungarischen Pampa eingehüllt. Bis morgen.

Übrigens: Seit kurz hinter Bratislava hatte ich keine einzige Schleuse mehr zu befahren und das bleibt so bis zum Eisernen Tor in Rumänien bzw. Serbien auf der anderen Seite. Dann allerdings kommen noch zwei wirklich Angst einflößend riesige Mamutschleusen mit teilweise mehreren Schleusenstufen bis zur Mündung in Sulina. Für mich kommen kurz vor Constanta noch zwei kleinere Schleusen, die mich auf Meeresniveau bringen. Das war es dann mit dieser Erfahrung. Sie werden mir fehlen.

Ubrigens: Die Sache mit dem Treibholz wäre noch zu bemerken. Die teilweise massiven Holzstämme sind schwer zu sehen, da nur ein Teil aus dem Wasser ragt. Einen kleineren habe ich bereits ohne Folgen für die Schraube erwischt. Der Schreck war gehörig groß, denn das Geräusch kenne ich vom Rhein. Da war doch noch was … Man muß ständig auf der Hut sein, was die Beweglichkeit auf dem Schiff im Einhandbetrieb erheblich erschwert. Zumindest steigt die Anspannung, wenn man mal kurz unter Deck ist. Z.B. zum Kochen, Kaffee machen oder für die Toilette. Ein wenig Glück muss man also immer einplanen.

Ein stämmiger Bursche
.. und ein längeres Teil

Zum Abschluß noch ein Bild, das mich als Nautiker beeindruckt hat.

Derartige Monster stehen alle paar Kilometer vor Anker am Rand der Donau. Solch ein Dreierpack Leichter (Fachbezeichnung) wird in einer Kette von drei Einheiten von einem oder zwei Schuber, das sind schwimmende Motoren, durch das Wasser bewegt. Unglaublich aber wahr.

Ein Gedanke zu „31.10.2017 Der Sturm bleibt und hat Folgen“

  1. Hallo Jürgen,
    Gerade habe ich mit Spannung Deinen Blog komplett gelesen. Ist ja wirklich spannend. Insbesondere die Begegnungen mit anderen Reisenden finde ich auch immer wieder bereichernd.
    Wie ich Dir in Kammermark erzählte, bin ich mit meinem 11m Motorboot, einem robusten holländischen Stahlverdränger, in diesem Sommer 2,5 Monate unterwegs gewesen. Deine Reise ist für mich auch Anregung in diese Richtung weiter zu denken.
    Kannst Du bei Gelegenheit mal etwas über Deine Infoquellen schreiben, welche Karten, SW, Törnführer etc nutzt Du? Auch Infos über Fahrtzeiten für größere Streckenabschnitte würden helfen die erforderlichen Mühen einzuschätzen.
    In jedem Fall, weiter viel Spaß und allzeit eine Handbreit Wasser unterm Kiel.
    Herzlich Kai

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