4.10.2019 Nach einer langsamen Fahrt nach Boulogne sur Mer wieder einmal abwettern

Ich hatte in meinem letzten Blogbeitrag noch zwei Ereignisse zu erwähnen, welche sich kurz vor meiner Abfahrt aus Dünkirchen ereigneten.

Am frühen Morgen wurde ich in Dunkerque von 5 Zollbeamten geweckt, die mit einem Schlauchboot bei mir festmachten und meine Papiere und das Schiff inspizierten wollten. Da ich meine letzte Kontrolle noch beim Länderwechsel auf der Donau und später dann noch einmal am Bosporus hatte, benötigte ich einige Zeit, um diese in meiner Bordordnung zu finden. Es gelang schließlich und die freundlichen Menschen, die allesamt mit schwerer Montur in meiner Kabine herumstanden bzw. in alle Ecken schauten, waren zufrieden.

Was mich allerdings schockierte, war ein Blick in die Bilge der Odd@Sea. Irgend ein schlechtes Gefühl, das ich seit der Kollision mit der Tonne zuvor in mir trage, ließ mich diesen Blick wagen. Es stand salziges Wasser bis knapp unter die Bodenbretter in sämtlichen Compartments, auch unter dem Motor. Natürlich setzte ich sofort meine schnelle Pumpe ein und leerte die Bilge sofort. Wenn dieser Wasserstand, ich hatte seit Monaten nicht mehr in die stets staubtrockene Bilge geschaut, tatsächlich durch die Havarie verursacht wurde, dann würde sich dieser bis zum Abend im nächsten Hafen nicht wieder bis zu dieser Höhe aufbauen können. Also fuhr ich mit gutem Gefühl bezüglich einer drohenden Gefahr für Leib und Leben los und wollte dann am Abend schauen, ob sich wieder ein signifikanter Pegel aufgebaut hatte. Das war dann in Boulogne nicht der Fall und es gibt nach wie vor keine Erklärung für dieses Phänomen. Ich ließ vorsichtshalber den Motor mit und ohne eingekuppelter Schraube laufen, um die Dichtigkeit des Kühlkreislaufs und des Wellenlagers zu prüfen und schaute mir noch einmal genau den Bereich der neuen Beule an, um ggf. einen schlecht zu sehenden Riß zu entdecken. Beide Prüfung zeigten keinen Befund. Ich bin jedenfalls wieder etwas optimistischer als vor der Prüfung.

Eigentlich hatte ich in Calais alle Zeit dieser Welt bis zum genannten Zeitpunkt der angekündigten Brückenöffnung und so ließ ich es zunächst ruhig angehen. Plötzlich kam aber lange vorher eine große Hektik auf, da sich einige Schiffe auf den Weg zur Hafenausfahrt machten. Es war eigentlich 2 Stunden zu früh für die angesagte Öffnung. Ich ließ aber dennoch alles fallen, startete sofort den Motor, machte die Leinen los und schaffte es so gerade noch, als letztes Fahrzeug nach den einlaufenden Schiffen in den Vorhafen zu kommen, bevor die Brücke wieder schloss. Hier konnte ich, im Gegensatz zu gestern bei der Ankunft, bei ruhigem Wasser und wenig Wind die Odd@Sea für die Abfahrt in aller Ruhe klarmachen. Allerdings kostete dieses mich eine weitere Viertelstunde, denn zwischenzeitlich kam eine der Englandfähren in den Hafen und dann stehen alle Ampeln auf Rot. Der freundliche Verkehrsleiter rief mich dann sofort über Funk an, als der „Verkehr“ durch war und ich konnte in die offene See bei schönem Sonnenschein. allerdings kaum über 10°C, aufbrechen. Der Wind kam anliegend und hatte die prognostizierte Stärke. Was ich allerdings durch die späte Abfahrt am Nachmittag schlucken musste, war die Tide im Kanal, die bis kurz vor Boulogne absolut gegen mich war. So erreichte ich nicht mehr als 3 Knoten unter vollen Segeln und mit kräftigem Motorschub, die dann erst in der letzten Fahrstunde langsam auf 6 Knoten anwuchsen. Da war es allerdings schon stockfinster auf See und auch im Hafen von Boulogne. Ein wahres Feuerwerk von Leuchttonnen erwartete mich im Vorhafen, von dem zahlreiche Seitenbecken abgehen. Ein Zurechtfinden war für mich nur durch einen konsequenten „Blindflug“, also mit dem Navigator möglich. Ein wenig Licht der Stadt kam dann erst zur Hilfe, als ich mitten in der Marina stand, aber auch hier kaum die Stege erkennen konnte. Eine Ehrenrunde verschaffte mir dann ein wenig Übersicht. Eigentlich war ich im letzten Jahr bereits hier, konnte aber dieses erst am nächsten Morgen im Tageslicht erkennen.

Man wird es kaum glauben, aber heute Morgen wurde ich abermals von vier Leuten des Zolls geweckt und um Zugang zu meinem Schiff gebeten. Ich tat wie angewiesen, bat jedoch zuvor darum, dass ich mir Kleidung anziehen kann. Man gewährte mir dieses. Es begann das gleiche Spiel wie am Tag zuvor, jedoch mein eher im Spaß gedachte Hinweis auf die gerade erfolgte Kontrolle in Dunkerque führte dann doch zu einer Verkürzung der Prozedur, nachdem der Wortführer der Abordnung seinen Kollegen in Dünkirchen per Handy anrief und dieser meine Aussage bestätigte. Man ist hier in Frankreich doch sehr menschenfreundlich.

Heute tobte sich hier ein veritabler Sturm mit über 40 Knoten Windgeschwindigkeit aus. Der Schwell an meinem Liegeplatz war beträchtlich und ich hoffe, daß sich die Lage beruhigt und ich eine angenehme Nacht erleben darf. Es sieht so aus. daß ich morgen früh entlang der Küste nach Dieppe fahren kann, denn es zeigt sich ein einigermaßen günstiges, aber enges Wetterfenster, wenn auch mit relativ wenig Wind, bevor es dann ab übermorgen wieder Sturm in dieser Gegend gibt.

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!

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