4.5.2018 Die Balearen sind erreicht

Ich habe seit dem 26.4.2018 nichts mehr von mir hören lassen und bitte um Verständnis dafür, daß ich nach einer langen Zeit des regelmäßigen Berichtens einfach etwas schreibfaul geworden bin. Wer mein Vorhaben mittels des AIS-Internet-Services www.marinetraffic.com verfolgt hatte, wird meine Fahrtroute kennen und wissen, dass mein derzeitiger Liegeplatz seit gestern auf Ibiza im Hafen von San Antonio liegt. Hier werde ich wetterbedingt auch noch bis übermorgen bleiben und voraussichtlich erst übermorgen an die Südküste dieser Insel fahren.

Was ist seit dem letzten Blogeintrag am 26.4.2018 geschehen? Von meinem Ankerplatz an der Mündung des Ebros bin ich die Küste in südwestlicher Richtung weitergefahren bis in den Vorhafen von Peniscola, einem kleinen Fischereihafen, der eingeramt von einem Kastell und einer Steilküste direkt vor einem sehr schönen Sandstrand liegt. Dieser Vorhafen war sehr flach und gegen den Wind recht gut, jedoch gegen die Wellen nur mäßig gut geschützt, was dazu führte, dass ich mitten in der Nacht insgesamt dreimal nach dem Rechten sehen und an Deck gehen musste. Das Schiff bewegte sich die gesamte Nacht heftig um alle Achsen, was dazu führte, dass ich mir bei einem der nächtlichen Spaziergänge meinen rechten Ringfinger bei dem Versuch, mich am Traveller festzuhalten, verstaucht habe. Das war sehr schmerzhaft und dieser Schmerz hält bis heute an. Ich war froh, dass ich früh am Morgen diesen an sich sehr schönen Ort verlassen und weiter in Richtung Valencia fahren konnte. Das Meer zeigte sich nämlich an diesem Tag sehr freundlich.

Einfahrt in den Vorhafen von Peniscola. Rechts der Fischereihafen, dahinter das Kastell, voraus der weite Sandstrand vor der Ortschaft.
Das Kastell mit einer malerischen Bebauung des Sockels gesehen kurz vor der Einfahrt in den Hafen

Ursprünglich wollte ich an Valencia vorbei weiter in Richtung Denia fahren, aber ich bekam den Rat meines Freundes und Beraters in allen Lebens- und nautischen Fragen, dem schon mehrfach erwähnten Jörg aus Bayern, dass sich dort gerade ein äußerst nettes Pärchen, nämlich Hanne und Frieder, mit ihrem Schiff namens Kairos, einer Comfortina, aufhalten würde, die von dort aus ebenfalls nach Ibiza übersetzen wollten. Das Treffen mit diesen beiden liebenswerten Menschen wurde zunächst telefonisch vereinbart. Hanne empfing mich dann bei der Einfahrt in den riesigen Hafen, winkend auf der Pier stehend und leitete mich zu meinem Liegeplatz. Beide nahmen mich wie einen alten Freund sofort in ihrer Mitte auf. Wir verleben seitdem eine wunderbare Zeit miteinander, die gefüllt ist mit vielen guten Gesprächen bis in die späte Nacht, einigen Spaziergängen durch die Städte und dem gemeinsamen Verzehr von Hannes köstlichem Essen an Bord der Kairos. Wir mussten gemeinsam zwei Tage lang auf ein Wetterfenster nach Denia, etwa 120 km nordwestlich, warten, wobei überhaupt keine Langeweile aufkam, denn es gibt so viel zu erzählen, wenn sich sowohl erfahrene Menschen als auch erfahrene Segler zusammensetzen. Auf der Weiterfahrt nach Denia, bei der sich die Qualitäten der Comfortina, als das leichtere Schiff, durch einen beträchtlichen Vorsprung bei der Ankunft zeigten, brach leider ein zweites Mal der Gelenkbolzen in meinem Schiff, der den Aktuator des Autopiloten mit dem Ruderhebel verbindet. Diese Erfahrung hatte ich bereits auf der Fahrt von Cittavechia nach Giglio gemacht. Hier zeigte sich erneut der primäre Nachteil des Einhandsegelns: Auch für das einfachste Segeltrimmen muss das Steuerrad losgelassen werden, worauf sofort das Schiff ohne den Autopiloten unkontrolliert seine Fahrrichtung ändert. Auch ein Festklemmen des Ruders ist dann nur eine kurzfristige Lösung, denn bei einem Schiff, bei dem das Ruder nicht ausbalanciert ist, wird das Steuer durch Änderungen der Strömung im Unterwasserschiff mit sehr großen Kräften belastet, worauf dieses dann die Klemmkraft überwindet und seine Stellung sofort ändert. An die sonstigen Aktivitäten an Bord, wie dem Zubereiten eines Snacks oder dem Gang auf die Toilette, ist dann überhaupt nicht zu denken, wenn man einen Sonnenschuß vermeiden möchte. Es galt also ein paar Stunden am Steuer durchzuhalten bis zur Ankunft in Denia. So wurde dann auch das Bergen der Segel vor der Einfahrt in den Hafen zu einem Geduldsspiel. Letztlich konnte dieser Tag dennoch erfolgreich abgeschlossen werden. In der ausgesprochen großen und komfortablen Marina fand sich glücklicherweise ein Bootsservice, der sich des Problems sofort annahm und eine technisch sehr robuste Lösung innerhalb eines Tages realisieren konnte. Am folgenden Abfahrtstag nach Ibiza war die Odd@Sea dann wieder seeklar.

Wenn einem mitten auf dem Meer derartige künstliche Inseln begegnen, dann handelt es sich um gut geschützte Mereskulturen, mit denen im industriellen Maßstab Muscheln gezüchtet werden. Einfach skuril.
Im Hafen von Valencia herrschte während unseres Aufenthalts sowohl am Tag wie auch in der Nacht ständig ein starker Wind, wie man an der Wellenbildung sehen kann. Entsprechend unruhig lagen die Schiffe.
… auch der Blick in die andere Richtung zeigt das selbe Bild.
… genauso wie der Blick aus dem Klofenster.

Wir fuhren gemeinsam früh bei zunächst wenig, dann zunehmenden Wind los, müssten dann aber mit einer sehr unangenehmen und mit mehr als zwei Metern hohen Kreuzsee fertig werden. Der Wind drehte später dann endlich, wie sollte es auch anders sein, erneut auf Gegenkurs, was die Fahrt mit Motorenhilfe notwendig machte. Auch hier zeigte sich das leichtere Schiff als deutlich überlegen, denn die Beschleunigung nach jeder Abbremsung durch eine Welle erfolgte dabei bei gleicher Motorleistung deutlich schneller, sodass dessen Durchschnittsgeschwindigkeit höher war. Hanna und Frieder kamen letztlich etwa eine dreiviertel Stunde vor mir im Hafen von San Antonio an. Dabei ist es noch erwähnenswert, daß es zwei Wege gibt, um in die Bucht von Sant Antonio zu kommen. Einmal der lange Weg um eine vorgelagerte Insel herum. Diesen haben Hanna und Frieder aus gutem Grund genommen, denn die zweite Option ist zwar deutlich kürzer, jedoch muß man hier eine unterseeische „Staumauer“ von ca. 75 Metern Höhe überwinden, die nur einen engen Durchlass mit nur ungenau bekannter Tiefe aufweist. Hier konnte ich einmal mehr den Vorteil der Odd@Sea mit ihrem variablen Tiefgang nutzen. Ich fuhr ganz langsam mit gehobenem Schwert und Ruder in diese Durchfahrt hinein, immer mit einem Auge auf den Tiefenmesser. Die Tiefe nahm atemberaubend schnell ab, ich konnte eine unbedenkliche Minimaltiefe von 4,5 Metern feststellen, um dann wieder rasant schnell anzusteigen. Hier hätte also auch die Kairos ohne Probleme durchfahren können. Aber, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!

Auch vor dem Hafen von Valencia liegen ständig Ozeanriesen auf Reede und warten auf die Genehmigung für die Einfahrt
Unter dem Bimini kann man es bei der grellen Sonne gut aushalten. Der Autopilot übernimmt nach der Reparatur wieder die Steuerung. Die Odd@Sea läuft auch am Wind recht aufrecht, wie man hier sehen kann.
Eine wunderbare Segelstellung zeigt das ganze Können von Frieder und Hanna auf ihrer Comfortina. Ihre Geschwindigkeit war entsprechend hoch.

Alle drei Segler hatten am Ende wirklich die Nase voll von diesem sehr anstrengenden Tag auf See. Der gemeinsame Abend in der gemütlichen Kabine der Kyros entschädigte uns allerdings auch wieder für die überstandenen Strapazen. Heute war das Wetter zwar grundsätzlich fahrbar, aber mit wenig Sonnenschein und einigen leichten Regenschauern nicht eben sehr anregend für uns alle, sodass wir den Tag sehr angenehm gemeinsam mit Spaziergängen und Essen verbrachten. Auch der darauf folgende Tag begann mit Regenschauern, was uns dazu veranlasste, noch einen weiteren Tag in Sant Antonio zu verweilen. Schauen wir mal, wie es übermorgen weitergeht.

P.S.: Ein Foto von Frieder und Hanna wird nachgereicht. Wir haben gemeinsam an vieles Gedacht, nur nicht an eine Aufnahme.

Ein Gedanke zu „4.5.2018 Die Balearen sind erreicht“

  1. Lieber Jürgen,
    Rita und ich waren etwas besorgt ob der Witterungsverhältnisse und freuen uns nun über Deine erfolgreiche Überfahrt nach meiner alten Liebe Ibiza, dort verbrachte ich 1973 drei Monate auf einem englischen Lotsenkutter und drei Monate in einer herrlich gelegenen Finca mit Blick über Land und Meer, ein Traum.
    Gruß an Dich und Deine Reisegesossen und auch speziell an die Insel.
    Andreas

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