6.12.2017 Ich verlasse das Schwarze Meer

Die heutige Fahrt hat mich in den Bosposus gebracht, nach Novi Menetke, einem ziemlich großen Fischereihafen am nördlichen Eingang der Wasserstraße, die das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet. Der Ausgangspunkt dieses Törns war ebenfalls ein Fischereihafen, Kiriköy, der eigentlich für das Einklarieren in der Türkei gedacht war, bei dem die freundlichen Polizisten mir diese Amtshandlung allerdings vorenthalten haben und mich an die Behörde in Istanbul verwiesen. Gelernt hatte ich, dass ohne das erfolgte Einklarieren die Ausstellung des sog. Transitlogs, nicht ausgestellt wird, dass damit sogar jedes Einfahren in einen Hafen nicht erlaubt ist. Man gab mir eine Telefonnummer, die ich bei Problemen verwenden sollte. Na, dann schaun mer mal.

Beiden Häfen ist der industrielle Charakter anzusehen. Ob es Wasser oder Dieselöl ist, was die Schiffe hier im Hafen trägt, ist nur schwer zu erkennen. Es schillert jedenfalls in allen Farben. Die vielfältige Vogelwelt fühlt sich offenbar sehr wohl in diesem Ambiente. Ich habe erstmals in meinem Leben gleich an beiden Orten einmal am frühen Morgen (6:00 Uhr) vor meiner Abfahrt und nach dem abendlichen Festmachen am Zielort die Gesänge des Muhezzins gehört, der zur Andacht ruft. Sehr ergreifend.

Im krassen Unterschied zu den Küsten Rumäniens und Bulgariens, in denen der Tourismus sich an der gesamten Küste gut sichtbar ausgedehnt hat, scheint die türkische Schwarzmeerküste fast unbewohnt zu sein. Bei der Einfahrt in türkische Gewässer begrüßt einem eine überdimensionale an der Küste aufgestellte Tafel mir der Nationalflagge, die weithin sichtbar ist. Ansonsten gibt es nur sehr wenige und eher kleinere Dörfer, die aber meist oberhalb der Steilküste liegen. Ansosten Natur pur und sonst nichts. Die Häfen sind hier auch sehr gezählt.

Nautisch waren die beiden Törns sehr unterschiedlich. Der erste war Genuss pur, denn ich konnte bei herrlichen Sonnenschein in warmer Luft mit Unterstützung der große Genua den mäßigen Rückenwind für eine rasche Passage bei wenig Welle nutzen. So kam ich sehr früh an und hatte Zeit zum Einkauf von dem dringend benötigten Gas und damit zu einer kleinen Stadtbesichtigung. Darüber gibt es allerdings nichts besonderes zu berichten. Die Wetterprognose, die mir dankenswerterweise mein Freund Erik aus Hamburg wegen Mangel eines Internet-Zugangs vor Ort übermittelte, war etwas zu optimistisch. Ich danke Dir, lieber Erik, der Du mich in der Not immer noch sehr gut unterstützt hast, dennoch. Nach nächtlichem Frost und bei ganztägigen Sonnenschein mit wenig Cumulusbewölkung gab es leider nicht den prognostizierten Rückenwind des Vortags, zumindest nur in einer kurzen Zeitspanne am ganz frühen Morgen nach der Abfahrt um 8:00 Uhr. Stattdessen gab es eine langanhaltende Flaute, die nur für kurze Zeiten durch kleine Brisen unterbrochen wurde. Ich fuhr bis kurz vor der Ankunft dennoch die ganz Zeit mit der Genua, um auch diese kleinen Naturgeschenke zu nutzen. Dafür war dann aber auch eine Welle vorhanden, die ich so noch nicht erlebt hatte. Aus dem Nichts tauchten aus dem turbulenten und sehr steilen Wellenwirrwar mit etwa 1 Meter Durchschnittshöhe unerwartet kleinflächige Wellengebirge bis zu geschätzten 4 Metern auf. Da war ständiges Festhalten über die gesamte Fahrzeit von sieben Stunden angesagt. Dem überlagert gab es eine sehr lange Welle mit ebenfalls etwa 4 Metern, die aber die Odd@Sea sehr weich reagieren ließ und somit nicht so unangenehm war. Ich glaube, dass ich mit diesem Törn meine Seetauglichkeit feststellen kann, denn bislang wurde mir bei ähnlichen Situationen irgendwann schlecht. Diese extreme Erfahrung verschafft mir jedenfalls das gute Gefühl, dass ich auch dann entspannt bleiben kann, wenn es mal unangenehm auf See wird.

Der Bospurus macht sich bei der Anfahrt bereits aus großer Entfernung durch zwei sichbare Merkmale erkennbar. Sehr früh tauchen zwei turmartige Bauwerke über dem Horizont auf, die wegen der Erdkrümmung zunächst aus der See zu kommen scheinen. Diese entpuppen sich später als die Pfeiler einer gewaltige Autobahnbrücke über den Bosporus, die ich morgen gerne durchfahren möchte.

Was bedeuten diese zwei skurilen Konstruktionen in der Ferne?
Seeschiffe warten im Schwarzen Meer auf den Lotsen für die Durchfahrt durch den Bosporus

Etwas näher dran sieht man dann eine große Zahl an Seeschiffen auf einer riesigen Fläche vor der Einfahrt zur Meerverbindung, die dort auf den Lotsen warten. Ich konnte beim Durchfahren dieser Pulks die waghalsigen Manöver der Lotsenboote beim Absetzen der Lotsen beobachten, welche die Wetterbedingungen verursachten. Einfach wahnsinnig. Wie an einer Schnur gezogen bewegen sich diese Schiffe dann mit recht großem Abstand in den Bosporus hinein. Morgen werde ich mich in diese Prozession einreihen und einen Hafen südöstlich des Flughafens Attatürk anlaufen, von welchem ich die insgesamt vier Verwaltungen aufsuchen werde, die für die Fahrt zuständig und über mehrere Standorte in Istanbul verteilt sind. Ich gehe davon aus, dass sich das wohl nicht an einem Tag machen lassen wird.

Bei dieser Gelegenheit fiel mir auf, daß offensichtlich mein AIS nicht richtig funktioniert. Seit dem Verlassen der Donau, bei der die Empfangs- und offensichtlich auch meine Sendereichweite bis 30 km sicher war, ist mir lediglich aufgefallen, dass ich weniger Schiffe gesehen und damit auch empfangen habe. Diese führte ich auf die Verkehrslage zurück. In den Häfen waren die dort liegenden Schiffe jedenfalls zu empfangen. Bei der Anfahrt zum Bosporus sah ich die vielen Schiffe auf Warteposition, von denen nur die allernächsten auf meinem Navigator sichtbar waren. Also inspizierte ich meine Antennenanlage und musste feststellen, dass tatsächlich die Seele des Antennenkabels in einem Stecker gebrochen war. Eine rasche Reparatur, ich bin schließlich immer noch Funkamateur, brachte dann wieder volle Empfangsreichweite und mir das Gefühl, auch im Nebel wieder gesehen zu werden.

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