7.2.2020 Nur ein kleiner Zwischenbericht zu meinem Dasein auf der Odd@Sea

Eigentlich ist dem bisher aus Les Sables D´Olonne Berichteten nichts hinzuzufügen. Aber das wäre dann doch allzu langweilig und meine lieben Leser würden wohl vom Glauben abfallen, dass ich noch existiere. Also, in aller Kürze das Wichtigste:

Ja, ich sitze hier immer noch fest. In erster Linie wegen der Werft, die im Januar auf der „Boot“ in Düsseldorf mit ihren wichtigsten Leuten war und danach nicht so recht wieder in die Puschen gekommen ist. Zwischenzeitlich ist die Heckkabine wieder gerichtet und auch die Achterklampe eingebaut. Alles Tip-Top und hervorragend gemacht. Ich bin voll zufrieden.

Man kann es ja kaum glauben, dass es auf einem Schiff immer etwas zu reparieren gibt. Ich dachte,

die wesentlichen Reparaturarbeiten, kleine und große, seien erledigt und ich muss mich nur noch um die wirklichen Konfigurationsänderungen kümmern. Das beinhaltet den Austausch meiner Solarpaneele durch einen größeren 300W Sonnenkollektor sowie meines sehr schweren Windgenerators durch einen leistungsstärkeren, aber deutlich leichteren. Das alles soll nach Aussagen von Alubat sowie der Lieferfirma des Generators bis Ende der Woche eingebaut sein und funktionieren. Die alte Windmühle habe ich bereits zurückgewandelt in den Wasser-Schleppgenerator, der er früher einmal war. Er ist viel zu schwer, um an einem Mast in luftiger Höhe betrieben zu werden. Ich hatte sehr viel Aufwand, dem enormen Verschleiß an seiner Aufhängung auf dem Geräteträger Herr zu werden. Außerdem war mir die Vorstellung, dass er mir am Steuerstand auf den Kopf fallen könnte, zu beängstigend. Man sieht dieses deutlich, wenn man das Bild auf der Startseite meines Blogs (www.Odd-at-Sea.de) anschaut. Nun werde ich in diesen Tagen einen Silentwind einbauen. Der ist leichter, leistet deutlich mehr, kostet aber auch entsprechend viel.

Danach wollte ich eigentlich nur noch auf den nächsten Wetterslot in der Biskaya zu warten und in den Süden segeln. Das kann aber noch dauern! Selbst wenn alles schneller gegangen wäre, dann hätte ich in der ganzen Zeit nicht eine einzige wirkliche Gelegenheit zur Biskayaquerung gehabt. Da brauche ich mindesten zwei, eher aber noch drei gut fahrbare Tage hintereinander. Selbst, wenn es windmäßig gut aussieht, dann haben die Stürme der Vortage eine Hinterlassenschaft in puncto Wellenhöhen von kaum weniger als 5m, die man zudem einrechnen muss. Es wäre also auch nicht gegangen, wenn alle Beteiligten zügiger an die Sache gegangen wären. Ein Wetterfenster ist weit und breit nicht zu sehen. Das wird wohl erst im März etwas besser.

In dieser Zeit werde ich die Odd@Sea aus dem Wasser ziehen und vielleicht mit Anti-Fouling behandeln oder auch nicht. Mal sehen, wie sie aussieht von unten. Sollte wider Erwarten das Wetter kurzfristig einen fahrbaren Dreitagesslot bescheren, dann werde ich losfahren und ggf. das Slippen in einen anderen Hafen verlegen. Das geht überall.

Gestern habe ich, um einen besseren Zugang zum Rumpfheck vom Steg aus für die Umbauten zu schaffen, den Motor angelassen, die Leinen gelöst und die Odd@Sea gewendet. Dieses Manöver stellte sich schwieriger dar, als es eigentlich sein müsste, da ich unerwarteter Weise mit der Motorsteuerung nur sehr schwer die Gänge umschalten konnte. Zunächst war mir überhaupt nicht klar was los ist, denn das Schiff verhielt sich sehr ungewohnt bei der Drehung auf dem Punkt. Dann bemerkte ich, dass der Gashebel, der zugleich die Gänge schaltet, so lose war, dass ich nur mit Vollanschlag überhaupt und das nur ein einziges Mal in den Rückwärtsgang schalten konnte. Das Manöver gelang zwar letztlich, da die Strömung ein wenig mithalf, wäre aber gewiss keine Augenweide für die nicht vorhandenen Zuschauer gewesen. Egal, gestern ist also eine neue Baustelle geboren worden. Ich habe heute versucht, den Schalthebel aus der Steuersäule auszubauen und ein keines Waterloo erlebt. Bis auf das Lösen eines Bowdenzug Anschlusses, gelang in der Tat alles Notwendige aber ich bekomme die komplexe Mechanik nicht aus der Steuersäule heraus. Die Öffnung ist sehr klein, denn es handelt sich dabei um den Ausschnitt, der normalerweise von Kompass benötigt wird. Also wusch ich zunächst meine durch die Ecken und Kanten in der Steuersäule stark in Mitleidenschaft gezogenen, blutigen Hände und erklärte dann der ortsansässigen VOLVO-Werkstatt mein Problem. Man kannte das Problem und sagte mir Hilfe, jedoch keinen konkreten Termin zu. Ich kann nur hoffen, dass deren Verlässlichkeit ähnlich gut sein wird, wie ich sie bei der Reparatur der Wasserpumpe erlebt hatte.

Wie das Leben so spielt: Als ob es verabredet gewesen sei, konnte ich meine Frustration nach diesem Flop bei meinen Stegnachbarn auf deren Schiff wieder loswerden. Nach der gegenseitigen Vorstellung beider etwa gleich großer Schiffe, beide mit variablem Tiefgang, wurde es ein sehr netter Abend mit einem Pärchen, bei dem die Frau mit ihren guten Englischkenntnissen als Übersetzerin für ihren Mann und mich brilliert hat. Der Rotwein half am späten Abend dann noch etwas mit und der Austausch wurde schließlich sehr lebhaft und fröhlich.

Überhaupt habe ich bei dem Umgang mit Menschen, die lediglich ihre Muttersprache können, gelernt, dass immer etwas geht. Mit einem Gemisch aus verschiedenen Sprachen, z.B. Französisch, Englisch und Deutsch und dem notwendigen guten Willen aller Beteiligten, kann man durchaus auch komplexere Themen behandeln. Es dauert ein wenig länger, aber es gelingt und macht dabei auch noch Spaß. Mit dem Handwerker, der mir meine Achterkabine wieder gerichtet und die Klampe eingebaut hat, war das nicht nur besonders fröhlich, sondern auch ergiebig. Dabei ging es nicht nur um Technik!

Ich möchte abschließend noch einen kleinen Beitrag in Sachen Kameradschaft unter Seglern liefern. Ich benötigte zum Einbau des Schleppgenerators einen Ersatz für einen verloren gegangenen Splintbolzen mit einer gängigen Größe. Alle fünf Nautik Händler am Ort und auch der riesige Leclerque Brico mussten passen. Das wäre in Deutschland ein Unding. Jedes Mal gab es hier Staunen über meine Begehrlichkeit und es wurde ein wenig palavert. Im letzten Laden hörte ein Mann etwa meines Alters zu und sprach mich mit meiner erneuten Enttäuschung in Englisch an. Er stellte sich als Segler vor und bot sich an, nach seiner Rückkehr nach Hause sofort im Keller in eine seiner zahlreichen Teilekistchen nach einem passenden Splintbolzen zu suchen und mich über das Suchergebnis telefonisch zu informieren. Das tat er auch nach kurzer Zeit, konnte mir aber leider nur etwas kürzere Exemplare anbieten. Diese waren für meine Zwecke unbrauchbar. Warum sage ich das? Das nenne ich eine funktionierende Kameradschaft, die auch bei Unbekannten angewendet wird. Noch mehr bestätigt wurde ich, als mich einer der ortsansässigen Handler und aktiver Segler, der mich mangels Masse nicht bedienen konnte, ansprach und mir sagte, dass er einmal kurz in seine Altteilebox geschaut und das Passende für mich gefunden hat. Sensationell!

Es ist wirklich keine Übertreibung wenn ich sage, dass im Port Olona vom hiesigen stürmischen Wetter eigentlich Garnichts zu spüren ist, wenn man von Kälte und Nässe absieht. Selbst bei mehr als 100 km/h Wind zupfen die Schiffe hier nicht einmal an ihren Leinen, denn das Wasser ist auch dann absolut ruhig. Wenn man allerdings auf das Meer schaut, dann wird einem angst und bange.

P.S.: Ich muß unbedingt noch einen Nachtrag bringen, da mich eine Frage in der gesamten „sprachlosen“ Zeit besonders beschäftigt hat. Ich habe bereits über die Probleme mit dem WLAN hier im Hafen berichtet. Diese haben mich so geärgert, dass ich mich sehr intensiv auf die Suche nach der Ursache und eine mögliche Abhilfe begeben habe. Das Ergebnis des ersten Versuchs war überaus erfolgreich. Ich habe ein 10m langes USB-Kabel mit einem Verstärker am Ausgang beschafft, in diesen meinen Fritz-USB-Stick gesteckt und das Ganze an einem Fall in die Höhe der zweiten Saling gezogen. Es funktionierte prächtig, wenn auch mit relativ seltenen Unterbrechungen. Diese führten zum Teil zum Verlust der Anmeldung am Router, „heilten“ sich aber durchaus auch mal selber. Auf jeden Fall konnte ich durchgehend meine geliebte Rockantenne Hamburg hören und abends auch ganze Fernsehsendungen aus Deutschland sehen. Meistens mit politischem Kabarett. Die Welt war also in Ordnung. Bei einem starken Regenschauer muß sowohl der oben am Mast baumelnde Verstärker als auch mein Fritz-Stick Feuchtigkeit abbekommen haben. Ich habe die beiden natürlich in eine Platiktüte gesteckt und diese mit Tape abgedichtet. Offensichtlich zu wenig. Beide Elemente habe ich dann vor den Heizlüfter zum trocknen gelegt. Der USB-Verstärker wurde wieder lebendig. Der Fritz-Stick nur bedingt, denn er sprühte noch Funken bevor er in den Silikonhimmel kam. Da mein alter TP-Link-Stick ohnehin in dieser Konfiguration nur unbefriedigend funktionierte, kam dieser dann als Ersatz des Verblichenen nicht in Frage und ich besorgte mir bei einem Händler hier vor Ort den einzigen Stick im Angebot, nämlich einen TP-Link neuerer Bauart. Dieser funktionierte sofort und seine sehr große Empfindlichkeit beschaffte mir ziemlich konstante 5 Balken an Feldstärke. Aber nur einen Tag und eine Nacht lang. Nun verbindet er sich zwar zuverlässig mit dem Netz, kommt aber über eine begrenzte Verbindung nicht hinaus. Ich werde jetzt langsam wahnsinnig. Hat jemand eine Idee, was da los ist?

Im Übrigen: Es gibt nunmehr keinen natürlich generierten Strom mehr an Bord, nur noch französischen Atomstrom! Bis zum Wochenende. Hoffentlich.

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