9.7.2018 Ich werde wohl ein paar Tage in Audierne bleiben müssen

Zuerst die gute Nachricht. Da das Wetter keine Anzeichen dafür gibt, dass eine Weiterfahrt nach Norden sinnvoll sein könnte, ist die schlechte Nachricht, dass es sehr kompliziert ist, hier in der französischen Einöde einen Schiffsmechaniker zu finden, der die notwendigen Arbeiten in kurzer Zeit beginnen könnte. Es gab zwar eine konkrete Zusage, der Handwerker war aber nicht am Sonntag angetreten. Verstehen kann ich es, aber die konkrete Zusage war zumindest verwirrend. In zwei Tagen soll es mit der Arbeit jetzt losgehen. Um die Zeit ein wenig zu nutzen, habe ich die Vorarbeiten, nämlich den Ausbau des Aktuators, selbst vorgenommen. Im Gegensatz zu dem gut im eingebauten Zustand inspizierbaren Hydraulikregler, war diese Arbeit sehr aufwändig, da man nur sehr schlecht an das Bauteil herankommt. Mein Verdacht, dass es sich hierbei um das defekte Teil handeln könnte, war begründet durch dessen äußeren Zustand. Der Kontroller sah jedoch im Gegensatz dazu zumindest äußerlich tadellos aus. Er ist zudem auch ohne Ausbau prüfbar. Leider riss einer der vier Standbolzen bereits beim ersten Lösungsversuch ab, was mich zunächst dazu veranlasste, nicht auch die anderen Bolzen zu gefährden. Deshalb versuchte ich es mit dem Lösen der zwei Bolzen, die das zweiteilige elastische Längslager des Aktuators zusammenhält. Wäre dieses geöffnet, hätte ich den Aktuator ebenfalls ausbauen können. Auch hier reichte ein einziger Versuch, bereits den ersten Bolzen abzureißen, was dann die Frage nach der weiteren Vorgehensweise erleichterte. Nun musste allein schon deshalb das gesamte Bauteil ausgebaut werden, weil die relativ einfache Reparatur des Bolzens nur so durchgeführt werden kann. Die drei restlichen Bolzen konnte ich dann glücklicherweise auch ohne Probleme lösen. Erkennbar ist ein Schaden nicht direkt, aber die Manschetten des Zylinders sehen nicht sehr gut aus und lassen vermuten, dass sie auch nicht mehr dicht sind. Der plötzliche Ausfall des Autopiloten wird deshalb dadurch verursacht worden sein, dass ständig Tropfen für Tropfen aus dem Vorratsbehälter verschwanden, bis letztlich die Pumpe Luft gezogen hat. Irgendwann ist dann plötzlich Betriebsschluss. Wie auch immer, das Bauteil muss auf den Prüfstand und gegebenenfalls neue Dichtungen eingebaut werden. Zudem ist das Gummimaterial des Axialdämpfers weich geworden, was auch die typischen Geräusche, die mich seit Langem plagen, erklären würde. Es muss ausgetauscht werden. Eine Lösung für den Ersatz des Standbolzens ist sicherlich das größte Problem, aber für einen Mechanik sollte auch dieses lösbar ein. Ich bin daher dennoch zuversichtlich, dass mit geringem Aufwand der Autopilot in die Lage versetzt werden kann, seinen Dienst wieder aufnehmen zu können. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich ein Mechaniker findet, der diese Aufgabe übernimmt und etwas Geduld. In letzterer Disziplin bin ich mittlerweile Weltmeister geworden. War etwas?

Ich sehe es von der positiven Seite. Audierne, das ich in einem Rundang an einem Nachmittag in allen Facetten kennengelernt habe, ist ein etwas größeres Dorf an der Mündung eines Flusses namens „Le Goyen“ mit einem Fischereihafen und einer Marina die etwa 3 km im Landesinneren liegen und von der Tide stark beeinflusst werden. Es ist kein ausgesprochener Touristenort, da er nicht besonders schön ist, hat aber dennoch einige reizvolle Plätze, alte und neue Gebäude, die sich vom Fluss aufwärts in eine attraktive Berglandschaft einlagern. Der Hafen ist der eigentliche Höhepunkt des Ortes und das tägliche Schauspiel, welches die Tide aufführt. Die beigefügten Bilder sollen darüber einen Eindruck vermitteln.

Der Blick von oben über den Hafen von Audierne bei Ebbe. Links stehen die Schiffe im Trockenen, rechts ist die etwas tiefere Marina mit der Odd@Sea am vorderen rechtn Rand des parkenden Feldes. Im Bild nach oben hin läuft der Fluß in das Landesinnere
… und in der anderen Richtung ins Meer. Man beachte die äußerst schmale Fahrrine, die bei Ebbe zur Durchfahrt verbleibt. Am Wellenbrecher hinten rechts sind das nur noch etwa 10 Meter, in denen man gerade so eben ohne Grundberührung durchfahren kann. Vorsicht ist da angesagt.
Was macht man mit seinem Schiff, wenn man keinen Platz in der Marina hat und gerade Ebbe ist? Man legt es einfach an die Wand. Hier die Pier.
… und diejenigen, die auch dort keinen Platz finden, lassen ihr Boot einfach trockenfallen
… und manche Schiffe sind dazu besonders geeignet wie die hier zu sehenden sog. Kimmkieler, die stabil auf zwei Kielen stehen können. Der offensichtlich ganz mutiger Skipper, dem das Boot im Vordergrund gehört, macht es auf eine noch nie gesehen Art: Er macht garnichts und läßt sein Boot einfach kippen, muss dabei aber sicher sein, dass bei steigendem Wasser nicht zuerst Wasser über die Bordwand ins Innere des Schiffs fließt.
Nicht wenige haben das Glück, einen Anker- oder Muringplatz in etwas tieferen Ebbwasser zu finden.

Das nette englische Ehepaar, mit denen ich in den letzten Tagen einen angenehmen Kontakt hatte, ist heute Richtung Süden mit Rückenwind abgefahren. Die Glücklichen. Eine deutsche Yacht steht zu weit weg, um eine komfortable Kommunikation zu pflegen, die Insassen scheinen aber auch kein Interesse daran zu haben. Anders die Franzosen der Nachbarschaft, die sehr freundlich und hilfsbereit und für ein kurzes Gespräch immer zu haben sind. So erlebe ich hier ruhige, aber auch schöne Tage.

Ein Gedanke zu „9.7.2018 Ich werde wohl ein paar Tage in Audierne bleiben müssen“

  1. Hallo Jürgen,
    Ich glaube, der Eigner des von dir erwähnten Boots braucht sich keine Sorgen zu machen, dass das Wasser ins Boot steigt bei Flut, denn es wäre schon bei fallendem Wasser eingelaufen.
    Wir haben in der Bretagne viele solche Liegeplätze gesehen, so ein Langkieler oder Boote mit einem kurzen Kiel versinken dann auch mit dem Kiel ein Stück im Schlick. Habe auch Boote mit Wattstützen gesehen.
    Wenn die etwas kompliziertere Reparatur da nicht zu mache ist, in Brest findest du sicher was du brauchst.
    Viel Erfolg!
    Konni

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