9.3.2018 Ein freundlicher Empfang im Hafen und ein besonders an der Odd@Sea interessierter Mensch im Pech

Die Fahrt von St. Felice Circeo nach Anzio fand, wie sollte es auch anders sein, bei fast keinem Wind ohne Segel, jedoch bei extrem hochgehender See statt. Angesichts dieser Situation mögen sich Einige die Frage stellen, warum bleibt er dann nicht im Hafen und spart sich den Sprit bis es unter Segeln wieder weiter geht. Die Antwort darauf ist komplizierter als man denkt.

Wenn es nur um die Bedienung der Lust ginge, dann wäre die gestellte Frage eindeutig zu bejahen. Wenn man in einem vorgegebenen Zeitrahmen eines Gesamtprojektes bleiben möchte, dann gibt es Restriktionen. Gerade dann ist die Einhaltung einer Durchschnittsgeschwindigkeit entscheidend, denn unerwartete Verzögerungen gab es zuhauf und wird es weiterhin geben. Ob man mehrere Tage in einer teuren Marina abwettert oder für ein touristisches Programm verweilt, ist unerheblich, jedoch kann für den dafür gezahlten Betrag an Liegegebühren bereits eine sowieso zu bewältigende Strecke absolviert werden. Was man in der Tasche hat in Bezug auf das Gesamtergebnis, das hat man. Das strategische Fahren berücksichtigt dieses genauso, wie die Segelbedingungen und die Sicherheit beim nächsten Übernachten in Bezug auf Schwell und Windabdeckung. Die Segeloption spielt dabei aber insgesamt nur eine gleichrangige Rolle. Ich war an diesem Tag insbesondere aufgrund des hohen Seegangs wirklich froh, in den Hafen von Anzio einzufahren.

 

Ein besonderes Phänomen konnte ich auf etwa der halben Strecke erleben, welches mir fast den Atem nahm. Das bis dahin undurchsichtig ockerbraune Meereswasser wurde entlang einer klaren Linie von Steuer- nach Backbord völlig azurblau klar. Das überfahren dieser Linie war für mich wegen des starken Farbkontrastes und der Schärfe der Grenzlinie mit einem beängstigenden Gefühl verbunden. So, als ob etwas völlig anderes, unbekanntes beim Überfahren passieren würde. Es passierte natürlich nichts. Die Odd@Sea fuhr ohne Rührung in dieses scheinbar andere Medium hinein. Das Gleiche, nur in umgekehrter Richtung passierte dann noch einmal am nächsten Tag kurz vor Fuimicino, dort allerdings begründbar mit dem Ausstoß einer großen Menge von Sedimenten aus der Mündung des Tibers, dem durch Rom fließenden Fluss. Hier tummelten sich trotz des Seegangs zahlreiche Jollen weit entfernt vom Land. Respekt! Zunächst jedoch noch ein paar Worte zur Einfahrt nach Anzio. Es war auffallend, dass eine ganze Armada von Fischerbooten bis hin zur Trawlergrösse sich in einer Reihe mit einem Kurs bewegte, die mit der Betonnung nicht direkt übereinstimmte. Egal, wenn die alle sicher hinein kommen, dann werde ich es diesen gleich tun und reihte mich in die Reihe ein. Der Grund dafür waren offensichtlich Untiefen wegen Versandung. Danach stand dann die Frage, wo man in einem riesigen Hafen, wie dem von Anzio, einen Liegeplatz finden kann. Ich sah als einzige Chance, vom Ankern in der riesigen freien Hafenfläche einmal abgesehen, die Belegung einer Muringboje in einem Feld mit zahlreichen Schiffen. Es dauerte nur Sekunden, da gesellte sich ein kleines Motorboot zu mir, dessen Führer mir in Englisch klarmachte, dass ich dort nicht liegen könnte. Ich könne jedoch an einem von dort wegen der großen Entfernung kaum zu erkennenden Pier direkt in der Stadt festmachen, wenn ich denn die ziemlich hohe Hafengebühr zu zahlen bereit bin. Ich willigte mangels Alternative ein und das Boot eskortierte mich dort hin. Die Marineros halfen mir sehr kompetent und ausnehmlich freundlich beim Festmachen. Der Platz war an einer Stelle, von der man mit wenigen Schritten direkt ins Geschäftszentrum gehen konnte, was ich für das Nachcatern meiner Vorräte gerne nutzte. Erstaunlich viele Fußgänger interessierten für und beglückwünschten mich zu meinem Schiff, was natürlich Balsam für die zarte Skipperseele bedeutete. Ein Pärchen wollte unbedingt einmal an Bord kommen. Sie sprachen zwar nur ein paar Worte englisch, aber konnten uns eigentlich gut verständlich machen. Beide waren begeistert als ich sie an Bord einlud. Nun lag das Schiff christlich mit dem Buganker in einiger Entfernung von der Pier entfernt. Da der Steg sehr tief lag, brauchte es schon etwas Übung und Geschick, auf das Deck zu gelangen. Ich machte es ihnen in beiden Richtungen vor und sie folgten. Er nahm das Ganze offensichtlich nicht sehr ernst, denn er hielt beim Absprung vom Anker auf den Steg sein neues wasserdichtes i-Phone zu lässig in der einen Hand, die er besser für sich verwendet hätte. Sein i-Phone landete jedenfalls in etwa 4 Metern Tiefe. Er bat mich dann noch darum, dass ich einen Taucher, den er mit der Bergung beauftragen würde und der um sechs Uhr am nächsten Morgen hier sein wird, den Ort des „Reinfalls“ beschreiben möge. Ich sagte zu, der Taucher kam aber nicht.

Auch das Leg von Anzio nach Fuimicino war gekennzeichnet von schwachem, aber raumigem Wind. Ich setzte das Vollzeug und konnte so die Strecke mit deutlich verminderter Drehzahl und weniger Maschinengeräusch zurücklegen. Zum reinen Segeln hat es leider wieder nicht gereicht, jedoch habe ich Sprit gespart. Dem auch für die Nacht als ruhig angekündigten Wind ist geschuldet, dass ich heute in einem sehr großen Hafenbecken als einziges Schiff ankern uns so wieder einmal die wirklich unverschämten Gebühren sparen kann. Im Gegensatz zu den Marinas ist es hier absolut still, sowohl was den Wind als auch das Wasser angeht und auch die Lichtverschmutzung fehlt vollständig. Selbst die Flugzeuge des nahe in östlicher Richtung gelegenen Flughafens von Rom benutzen heute nicht die Startbahn, die direkt über meinen Standort geht, denn es herrscht Südwind.

Mein Ankerplatz heute liegt in einer Ecke eines riesigen, scheinbar ungenutztem Beckens, in dem ich ganz alleine liege. Es liegen ideale Bedingungen vor. Was für ein Luxus.

Morgen geht es zunächst nach Civitavecchia und danach wieder auf Inseln. Zunächst nach Giglio und dann nach Elba.

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