10.9.2019 Auf nach Lauwersoog

Der Wetterbericht war sehr klar in seiner Aussage: Von Norderney nach Lauwersoog wird der Wind schwach und genau gegen an sein. Es wird also ein Tag werden, der wieder einige Stunden Laufzeit auf den Betriebszeitzähler meines Motors bringen wird. Früh ging es nach Auffüllen des Dieseltanks los und zunächst durch die Priele der Wattlandschaft auf das offene Meer. Unglaublich, aber der gleiche Weg in der vorangegangenen Nacht in umgekehrter Richtung war wirklich anstrengend. Auf dem offenen Meer war zunächst wie vorhergesagt, später nahm noch der Gegenwind deutlich zu. Das Meer zeigte immer noch eine chaotische Welle, wenn auch mit deutlich geringerer Wellenhöhe. Um der möglichen Nachfrage zuvorzukommen: Mein Magen war wieder absolut stabil.

Interessant war bei dieser Fahrt, dass der Ebbstrom nur im Bereich des Watts stark war, außerhalb jedoch zunächst schwächer wurde, um dann recht schnell zu kippen und zu einem stabilen Gegenstrom wurde. Meine typische Reisedrehzahl von 2000 Umdrehungen pro Minute ließ die Odd@Sea gerade einmal mit 3,5 Knoten fahren, zu wenig, um vor Sonnenuntergang am Zielort anzukommen. Eine Steigerung um 500 U/Min ließ dann eine Geschwindigkeit zu, die, durch die Wellen bedingt, durchschnittlich im Tagesgang auch nur bei 4,5 Knoten lag. Die Hoffnung, dass mich später auch wieder eine Flutströmung durch die Insellücke in das Wattenmeer anschieben wird, wurde dann am Abend aber auch bestätigt.

Ich kenne die Strecke von meiner Rückkehr nach Deutschland und hatte damals schon die vielen nachtaktiven Fischtrawler und die riesigen Windparks bemerkt. Bei Licht betrachtet, ist diese Gegend wohl das am intensivsten befischte Gebiet der Nordsee. Da stehen sie vor der Küste und, wenn sie nicht draußen sind, in den Häfen in unglaublicher Anzahl. Geschuldet dieser Tatsache unterhält der holländische Staat eine Vielzahl von befeuerten Prielen, die wie breite Straßen ein gefahrloses Befahren der Wattgebiete hinter den Inseln ermöglicht. Die Windparks erschienen mir jetzt viel überschaubarer, als bei der Nachtfahrt, wo man nur die Lichter, jedoch nicht die Entfernung optisch wahrnehmen kann. Vor der Emsmündung kommen in diesem Seegebiet noch viele Seeschiffe dazu, die dort auf Reede stehen und die Freigabe zur Einfahrt in die hier eher kleinen Seehäfen abwarten. Jedenfalls fährt man mit einem Sportboot hier Slalom und muss den Verkehr der Großen stets im Auge halten.

Geradezu euphorisch habe ich die Fahrt durch die Priele dann mit achterlichem Wind unter Vollzeug und ohne das stundenlange störende Geräusch des Motors genießen können. Da fährt dann mein relativ schwerer Dampfer so toll, dass ich begeistert bin. Ich kam dann mit der Abendsonne in Lauwersoog an. Dieser große Fischereihafen weist einen relativ kleinen Bereich für Sportboote auf, die jedoch infrastrukturell komplett ausgestattet und in guter Verfassung ist. Allerdings kann man hier niemanden persönlich ansprechen, denn die Geschäftsabwicklung läuft ausschließlich mit Hilfe von Zahlautomaten. Immerhin gibt es so keine Sprachprobleme, zumal die Automaten international aufgestellt sind.

Was ich bei meiner Hafenwahl nicht beachtet habe ist, dass es hier keine Ortschaft gibt, sondern ausschließlich Wirtschaftsbetriebe, vor allem eine Vielzahl von Fischereibetriebe. Um mein Catering zu beschaffen, musste ich mit dem Fahrrad die etwa 10 km entlang des Deiches verlaufenden Straße zur nächsten Ortschaft hin und zurück fahren. Hin bei kräftigen Gegenwind und zurück mit entsprechendem Rückenwind. Das schafft und spart auch wieder Kraft!

Nicht weil es hier so heimelig ist, sondern weil für Morgen ein wirklich starker Gegenwind aus Richtung Vlieland, dem nächsten Zielort angesagt ist, werde ich auch morgen noch hier bleiben. Übermorgen sind die Verhältnisse besser, jedoch der erwartete Windrichtungswechsel, der mir über mehrere Tage endlich wirklich guten Segelwind bescheren wird, lässt noch knapp eine Woche auf sich warten.

Das ist das Schicksal eines Seglers!

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